Verschiedene Ansätze haben das Potenzial, die Ernährungssicherheit
und Nährstoffversorgung in Ländern mit niedrigem Einkommen zu
verbessern. Dazu gehören ernährungsspezifische Interventionen, wie
Nahrungsergänzungs- und Ernährungsbildungsprogramme, sowie
ernährungssensible Maßnahmen, wie beispielsweise Landwirtschaftsund
Geldtransferprogramme. Die Wirksamkeit eines bestimmten
Ansatzes ist jedoch kontextabhängig, da die Situation von Land
zu Land wie auch innerhalb der Landesgrenzen variieren kann. Im
Folgenden wird erläutert, welche Maßnahmen in Niger Wirksamkeit
gezeigt haben.
Gebrauchsfertige therapeutische Nahrungsmittel (RUTF) wurden
zwar zur Behandlung von Unterernährung bei Kindern entwickelt,
gleichzeitig zeigte auch ihr präventiver Einsatz in besonders von
Unterernährung betroffenen Gebieten Nigers positive Effekte (Grais
2016). Ein dreimonatiger Versuch, in dessen Rahmen RUTF-Pakete
an Kinder verteilt wurden, zog eine geringere Auszehrungs- und
Sterblichkeitsrate unter den Teilnehmenden nach sich (Isanaka et
al. 2009). Weitere Versuche ergaben, dass die Verteilung gebrauchsfertiger
Nahrungsergänzungsmittel (RUSF), die einen niedrigeren
Gehalt an Kalorien und Mikronährstoffen als RUTF aufweisen und
mit Beikost zuzuführen sind, in bestimmten Situationen ebenfalls
Schutz vor Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit in Niger
bieten kann (Isanaka et al. 2010; Grellety et al. 2012).
Ein vom Welternährungsprogramm im Jahr 2011 initiiertes
Programm in der nigrischen Region Zinder versorgte
Begünstigte während der mageren Jahreszeit entweder mit Geld
oder Nahrungsmitteln, darunter Getreide, Hülsenfrüchte und öl.
Diejenigen, die von Geldtransfers profitierten, kauften eher preiswerte
Grundnahrungsmittel, während jene, die Nahrungsmittel erhielten,
diese konsumierten und damit ihre Ernährungsvielfalt erhöhten.
Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Nahrungsmitteltransfers
mit vielfältigen Lebensmitteln möglicherweise eine bessere Lösung
darstellen als Geldtransfers, wenngleich die Ergebnisse selbstverständlich
von den jeweiligen Bedingungen abhängen, wie etwa Nähe
und Zugang zu Lebensmittelmärkten und Präferenzen hinsichtlich
Nahrungsmittelmenge versus -qualität. Wenn Nahrungsmitteltransfers
in Fällen wie diesem teurer sind als Geldtransfers, werden zudem
eventuell weniger Begünstigte erreicht (Hoddinott, Sandström und
Upton 2018).
Im Zuge einer vom Forum Santé Niger und ärzte ohne Grenzen
im Jahr 2011 in der nigrischen Region Maradi durchgeführten
Intervention sollte ermittelt werden, ob ein Geldtransfer, die
Verteilung angereicherter Nahrungsmittel oder eine Kombination dieser
Interventionen am wirksamsten ist, um eine mäßige oder schwere
akute Unterernährung von Kindern während der mageren Jahreszeit
zu verhindern. Es zeigte sich, dass die Gruppe, die sowohl Geld als
auch angereicherte Nahrungsmittel erhielt, am besten abschnitt,
obwohl an die Angehörigen der Gruppe, die ausschließlich Geld
bekam, höhere Beträge ausgezahlt wurden, um auszugleichen, dass
sie keine Nahrungsmittel erhielten. Dieses Ergebnis könnte auf eine
geringe Verfügbarkeit nahrhafter Lebensmittel auf dem Markt zurückzuführen
sein. Die AutorInnen sind daher der Meinung, dass es in
besonders schwierigen Situationen wie in Niger möglicherweise am
besten sei, nahrhafte Lebensmittel an alle Kinder unter zwei Jahren
zu verteilen und zugleich die am stärksten gefährdeten Haushalte
mit Geld zu versorgen (Langendorf et al. 2014).
2010 setzte Concern Worldwide als Reaktion auf die Dürre
und Ernährungskrise 2009 bis 2010 ein bedingungsloses
Geldtransferprogramm in Niger um. Es bestand aus drei verschiedenen
Interventionsansätzen: (1) Ausgabe von Bargeld, (2) Geldtransfer
per Mobiltelefon samt Bereitstellung eines Mobiltelefons und
(3) Ausgabe von Bargeld und Bereitstellung eines Mobiltelefons.
Die zweite Gruppe kaufte mehr Arten von Nahrungsmitteln und
erreichte eine höhere Ernährungsvielfalt als die anderen Gruppen –
möglicherweise, weil sich die Geldtransfers per Mobiltelefon für die
EmpfängerInnen flexibler und weniger zeitaufwendig gestalteten. Für
den Geldtransfer per Mobiltelefon stellten sich allerdings mindestens
zwei Herausforderungen: So muss den Begünstigten die Handhabung
des Geräts erklärt werden, und es müssen genügend mobile
Geldtransfer-Agenten (Mobile Money Agents) im Versorgungsgebiet
zur Verfügung stehen (Aker et al. 2016).
Auch landwirtschaftliche Interventionen können die Ernährungssicherheit
und die Nährstoffversorgung verbessern. In den
1980er-Jahren entwickelten nigrische Bäuerinnen und Bauern die
Wiederaufforstungsmethode „Farmer Managed Natural Regeneration“
(FMNR), in deren Rahmen sie Bäume und Sträucher auf degradiertem
Land wieder zum Wachsen bringen, um sie dann als Viehfutter,
Brennstoff und Nahrungsmittellieferanten zu nutzen. Die Technik
trägt außerdem zur Abschwächung von Windeinflüssen, Erosion und
Verdunstung in den nahe gelegenen landwirtschaftlichen Flächen
sowie zu einer höheren Bodenfruchtbarkeit bei. Schätzungen zufolge
hat FMNR im Laufe der Zeit die Produktion von 500.000 zusätzlichen
Tonnen Getreide pro Jahr in Niger ermöglicht und damit
die Ernährungssicherheit der NigrerInnen nachhaltig gesteigert
(WRI et al. 2008; Reij, Tappan und Smale 2009).