Malawis WHI-Wert ist von 44,7 und der Einstufung als sehr ernst im Jahr 2000 auf 26,5 im Jahr 2018 gesunken, was immer noch die Kategorie ernst bedeutet. Diese Verbesserung beruht auf Rückgängen bei drei der vier zugrunde liegenden Indikatorwerten zur Berechnung des WHI: Wachstumsverzögerung bei Kindern, Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit (Abbildung 2). Angesichts der Bedeutung des Ernährungszustands von Kindern für das Wohlergehen von der Geburt bis zum Erwachsenenalter sind die Fortschritte Malawis in diesem Bereich bemerkenswert. Im Gegensatz dazu war die Unterernährungsrate Malawis – der Bevölkerungsanteil mit unzureichendem Zugang zu Kalorien – von 2000 bis 2010 zwar leicht gesunken, ist seither aber wieder gestiegen, wodurch die errungenen Fortschritte praktisch verloren gingen. Es mag widersinnig erscheinen, dass sich der Ernährungszustand von Kindern trotz fehlender gleichzeitiger Fortschritte hinsichtlich der Unterernährung der Gesamtbevölkerung verbessert hat – allerdings wird der Ernährungszustand von Kindern von einer Vielzahl verschiedener Faktoren beeinflusst. Darunter fallen eine unzureichende quantitative oder qualitative Nahrungsaufnahme, eine schlechte Verwertung von Nährstoffen aufgrund von Infektionen oder anderen Krankheiten oder eine Kombination dieser Faktoren. Diese gehen ihrerseits auf verschiedene andere Auslöser zurück, etwa Ernährungsunsicherheit auf Haushaltsebene, inadäquate Praktiken hinsichtlich Mutter- und Kindergesundheit sowie ein unzureichender Zugang zu Gesundheitsdiensten, sauberem Wasser und zur Sanitärversorgung. Die folgenden Abschnitte befassen sich mit der Ernährungssicherheit der gesamten Bevölkerung Malawis sowie jener ihrer Kinder, einschließlich der Ursachen, die zu den jüngsten Entwicklungen beigetragen haben.
Ernährungssicherheit in Malawi
In den vergangenen zwei Jahrzehnten seit 1999–2001 fluktuierte Malawis Unterernährungsrate (Abbildung 2). War sie zwischen 2004–2006 und 2007–2009 rückläufig gewesen, so stieg sie zwischen 2013–2015 und zwischen 2015–2017 (FAO 2018) zeitgleich mit den überschwemmungen 2015 und der Dürre 2015/16, die den Agrarsektor in Malawi und darüber hinaus lähmten. Dieser Trend spiegelt sich auch in der jüngsten Integrierten Haushaltsumfrage (Integrated Household Survey – IHS) wider, die eine zunehmende Ernährungsunsicherheit zwischen 2010/11 und 2016/2017 (NSO 2017) offenbart.
Die typische malawische Ernährung besteht größtenteils aus Grundnahrungsmitteln, vor allem Mais sowie Reis und Maniok. Die meisten MalawierInnen konsumieren Nahrungsmittel, die reich an Mikronährstoffen und/oder Proteinen sind wie Obst und Gemüse und auch tierische Nahrungsmittel in begrenzten Mengen (GoM 2018b; Aberman, Meerman, and Benson 2018). Die malawische Regierung setzt seit mindestens Mitte der 1970er-Jahre vorrangig auf die Erzeugung von Mais (Dorward, Chirwa, and Jayne 2011). In den Jahren 2005/06 startete sie das weithin bekannte Subventionsprogramm für landwirtschaftliche Produktionsmittel, um die Maisproduktion zu steigern, die Ernährungssicherheit der Familien zu fördern und die ländlichen Einkommen zu erhöhen (Lunduka, Ricker-Gilbert, and Fisher 2013). Doch selbst trotz dieses Programms gibt es Jahre, in denen im Land nicht genügend Mais für den Eigenbedarf produziert wird. Außerdem haben einige Bevölkerungsgruppen selbst in Jahren mit Maisüberschuss keinen ausreichenden Zugang zu Kalorien (FAO 2015b, 2018).
Naturkatastrophen wie Dürren, überschwemmungen und hohe Temperaturen verringern häufig die Nahrungsmittelproduktion und erhöhen die Ernährungsunsicherheit in Malawi, etwa weil es an der Umsetzung der Preis- und Lagerstrategie für Nahrungsmittel hapert, um diese Schwierigkeiten wirksam zu mildern (Minot 2010). Indem sie zu einer geringeren Nahrungsmittelproduktion und höheren Nahrungsmittelpreisen beitragen, mindern Temperaturen, die über dem saisonalen Durchschnitt liegen, die Nahrungsaufnahme sowie die Kalorienzufuhr. Aufgeschlüsselte Ergebnisse zeigen, dass diese Auswirkungen in den Haushalten am stärksten sind, in denen das Land ausschließlich von Frauen verwaltet wird, und in jenen Landesteilen, in denen der Landbesitz patrilinear vererbt wird. Möglicherweise investieren Frauen, deren Landbesitzverhältnisse ungewiss sind, seltener in landwirtschaftliche Technologien, die die Auswirkungen von Wetterextremen mildern könnten (Asfaw and Maggio 2018).
Geschlecht ist ein wichtiger Faktor für die Ernährungssicherheit in Malawi. Während Daten über die Verteilung von Nahrungsmitteln innerhalb von Familien weitgehend fehlen (wodurch das Ausmaß, in dem Frauen und Männer oder Mädchen und Jungen einen gleichberechtigten Zugang zu Nahrungsmitteln haben, nicht bekannt ist), gibt es Hinweise darauf, dass die Ernährungssicherheit in weiblich geführten Haushalten in Malawi im Allgemeinen niedriger ist als jene in männlich geführten (Kakota et al. 2015; Kassie et al. 2015). Bei landwirtschaftlichen Haushalten liegt dies nicht nur daran, dass weiblich geführte Haushalte über weniger Ressourcen verfügen, von denen sie Gebrauch machen können (wie etwa Land, Bildung, Betriebsmittel und Schulungen), sondern auch daran, dass die Erträge weiblich geführter Haushalte bei gleichem Ressourceneinsatz geringer ausfallen als jene der männlich geführten, was darauf hindeutet, dass sie vielerlei Formen von Diskriminierung ausgesetzt sind (Kassie et al. 2015).
Die hohe HIV-/Aids-Rate in Malawi, die bei den 15- bis 64-Jährigen derzeit bei 10,6 Prozent liegt (was etwa 900.000 MalawierInnen entspricht, die mit HIV leben), hat ebenfalls zu Unterernährung und Hunger in Malawi beigetragen. Eine HIV-Infektion verursacht eine schlechtere Nährstoffverwertung im menschlichen Stoffwechsel und verringert die Möglichkeiten der Menschen, ausreichend Nahrung zu produzieren oder Zugang dazu zu erhalten (MoH 2017; Nyantakyi-Frimpong et al. 2016).
Die Ernährung der Menschen muss nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ besser werden (Aberman, Meerman, and Benson 2018). Ernährungsweise und Ernährungszustand werden durch solche Nahrungsmittel beeinflusst, die die Familien entweder selbst produzieren oder auf den Märkten kaufen können. Es hat sich gezeigt, dass sich die Vielfalt der in landwirtschaftlichen Betrieben angebauten Nutzpflanzen positiv auf die Ernährungsvielfalt der Familien und die Aufnahme von Kalorien und Proteinen in Malawi auswirkt (Jones 2017; Koppmair et al. 2017). In weiteren Studien wurde ein Zusammenhang zwischen der Vielfalt bei Nutzpflanzen und dem Zugang von Familien zu wichtigen Mikronährstoffen erkannt: Eisen, Folsäure, Vitamin A und Zink (Jones 2017; Mazunda, Kankwamba, and Pauw 2018). Unter bestimmten Bedingungen beeinflusst der Zugang zu Märkten sowohl für den Kauf als auch den Verkauf von Nahrungsmitteln und Erzeugnissen die Ernährungsvielfalt mehr als die Art der Nutzpflanzen (Koppmair et al. 2017).
Ernährung und Nährstoffversorgung von Kindern
Malawis Raten hinsichtlich Wachstumsverzögerung bei Kindern (zu geringe Körpergröße im Verhältnis zum Alter) und Auszehrung bei Kindern (zu niedriges Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße) sind laut den neuesten Daten seit 2000 deutlich gesunken. Die Auszehrungsrate bei Kindern nahm von 6,8 Prozent im Jahr 2000 auf 2,7 Prozent im Zeitraum 2015 bis 2016 ab, was als „niedrig“ eingestuft wird. Mit 37,1 Prozent in den Jahren 2015–2016 galt Malawis Wachstumsverzögerungsrate bei Kindern immer noch als „sehr hoch“, war aber im Vergleich zum Jahr 2000 mit 54,6 Prozent signifikant zurückgegangen (NSO and ORC Macro 2001; NSO and ICF 2017; de Onis et al. 2018). Diese Verbesserung ist wahrscheinlich auf den Rückgang von Kinderkrankheiten zurückzuführen, die die Verwertung von Nährstoffen hemmen, ebenso wie auf die Ausweitung direkter Nährstoffinterventionen und grundlegende Faktoren wie das Wirtschaftswachstum. Die Ernährungsprogramme umfassten einen Ausbau der Nahrungsergänzung mit Vitamin A und die Entwurmung von Kindern, die Förderung adäquater Nährstoffversorgung während der Schwangerschaft und angemessener Fütterungspraxis für Säuglinge und Kleinkinder sowie die landesweite Umsetzung einer gemeinschaftsbasierten Behandlung von Kindern mit schwerer akuter Mangelernährung (Kanyuka et al. 2016).
Malawis Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren sank zwischen 2000 und 2016 von 17,5 auf 5,5 Prozent (UN IGME 2017). Die Analyse zeigt, dass diese Verbesserung auf die Behandlung von Durchfall- und Malaria-Erkrankungen als auch Lungenentzündungen zurückzuführen ist, ebenso wie auf mit Insektiziden behandelte Bettnetze, Impfstoffe, die Reduzierung von Auszehrung und Wachstumsverzögerung, Geburtshilfe in medizinischen Einrichtungen sowie die HIV-Prävention und Behandlung von HIV-Infizierten. Diese Maßnahmen wiederum wurden durch eine Aufstockung der Mittel für den malawischen Gesundheitssektor und durch politische Strategien und Interventionen zur Verbesserung der Gesundheit und Nährstoffversorgung von Kindern ermöglicht (Kanyuka et al. 2016). Malawi hat das Millenniumsentwicklungsziel erreicht, die Kindersterblichkeit zwischen 1990 und 2015 um zwei Drittel zu senken; die aktuelle Rate ist indes immer noch höher als die Vorgabe der Ziele für nachhaltige Entwicklung von 2,5 Prozent bis 2030 (UN 2018).
Die Fütterungspraxis bei Säuglingen und Kleinkindern in Malawi hat sich zwar grundsätzlich erheblich verbessert, in letzter Zeit aber wieder deutlich verschlechtert. Bis 2015/2016 wurden landesweit 61 Prozent der Kinder unter sechs Monaten ausschließlich gestillt. Dies ist ein bemerkenswerter Fortschritt gegenüber 1992, als die Rate nur vier Prozent betrug, sowie 2000, als der Anteil noch bei 44 Prozent lag. Trotzdem bedeutet dies einen Rückgang gegenüber 2010, als eine Quote von 72 Prozent ermittelt wurde (NSO and ICF 2017). Die positive Entwicklung von 1992 bis 2010 ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, darunter das starke Engagement der Regierung für die Verbesserung der Fütterungspraxis bei Säuglingen und Kleinkindern und eine landesweite Kampagne zur Vertiefung der Kenntnisse über das Stillen (WHO 2014). Der jüngste Rückgang könnte u.a. auf höhere Beschäftigungsquoten bei Frauen, verfügbare Alternativen zur Muttermilch und eine schlechte öffentliche Meinung zum Thema Stillen zurückzuführen sein (Gangire 2017). Es ist wichtig, die Gründe dafür zu kennen, da ausschließlich gestillte Säuglinge unter sechs Monaten eine größere Körpergröße im Verhältnis zum Alter sowie ein höheres Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße aufweisen, verglichen mit nicht ausschließlich gestillten Säuglingen (Kuchenbecker et al. 2015). Inzwischen erhalten nur acht Prozent der Kinder im Alter von sechs bis 23 Monaten eine angemessene Mindesternährung, was gleichfalls eine Verschlechterung der Situation seit 2010 signalisiert, als dieser Anteil 19 Prozent betrug (NSO and ICF Macro 2011; NSO and ICF 2017).
Die Nährstoffversorgung von Kindern in Malawi verbessert sich mit dem Bildungsniveau der Mutter, insbesondere wenn die Mutter über eine schulische Ausbildung von mindestens zehn Jahren verfügt, d.h., wenn sie die Sekundarschule oder höhere Schulen besucht hat. Bildung von Frauen kann in vielerlei Hinsicht zu einer besseren Ernährungsweise von Kindern beitragen, etwa durch bessere Fütterungspraxis, vertiefte Kenntnisse in der Gesundheitsfürsorge und wirtschaftliche Vorteile, beispielsweise durch mehr Einfluss von Müttern bei der Verwendung der Haushaltsressourcen (Makoka and Masibo 2015).
Hinsichtlich der drei WHI-Indikatoren mit subnationalen Daten (Wachstumsverzögerung bei Kindern, Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit) gibt es auf Distriktebene erhebliche Unterschiede; einige Distrikte, insbesondere in den Regionen Mitte und Süd, stechen aufgrund sehr hoher Raten hervor (siehe Tabelle 1). Die Region Nord weist das niedrigste Niveau multidimensionaler Armut auf, die Gesundheit, Bildung und Lebensstandard umfasst (World Bank 2016). Die Region Nord schneidet überdies bei mehreren Indikatoren für die Nährstoffversorgung und Gesundheit von Kindern besser ab als die anderen Regionen, beispielsweise durch höhere Bildungsabschlüsse von Männern und Frauen, bessere Handwaschvorrichtungen und eine niedrigere Geburtenrate (NSO and ICF 2017).