Ebenso wie Armut haben auch Hunger und Unterernährung in äthiopien in den letzten Jahrzehnten abgenommen, befinden sich aber nach wie vor auf einem problematisch hohen Niveau. Während https://www.globalhungerindex.org/de/ethiopia.htmläthiopiens Welthunger-Index-Wert (WHI-Wert) 2000 bei 55,9 lag – eine gravierende Hungersituation –, beläuft er sich 2018 auf 29,1 und liegt damit am oberen Ende der Schweregradkategorie ernst (eine Anleitung zur Interpretation der WHI-Werte finden Sie in Kapitel 1). Jeder der WHI-Indikatoren ist seit 2000 ebenfalls rückläufig (Abbildung 4.4). Trotzdem bleiben ernsthafte Risiken bestehen.
Eine vom Wetterphänomen El Niño verursachte Dürre verschlechterte die Ernährungssicherheit in äthiopien im Zeitraum 2016 bis 2017 (FAO GIEWS 2017b). Darüber hinaus hat ein Aufflammen der Konflikte in den Regionalstaaten Oromia und Somali im Jahr 2017 zur Vertreibung von fast einer Million Menschen geführt, mit negativen Folgen für ihre landwirtschaftliche Tätigkeit, ihre Existenzgrundlagen und Ernährungssicherheit (FEWS NET 2018a). Die wenig vielfältige Ernährung der meisten äthiopierInnen ist nährstoffarm, enthält überdies zu wenig Eiweiß, Vitamin A und Zink sowie mikronährstoffreiche Nahrungsmittel wie Obst und Gemüse und setzt die KonsumentInnen zudem nahrungsmittelbedingten Krankheitserregern aus (Gebru, Remans und Brouwer 2018).
Ausgesprochen besorgniserregend ist die Ernährungssituation von Kindern, denn eine Mangelernährung während der Schwangerschaft und in den ersten beiden Lebensjahren hat lebenslange Konsequenzen. Mit 38,4 Prozent gilt das Wachstumsverzögerungsniveau bei äthiopischen Kindern unter fünf Jahren als „hoch“ und grenzt sogar an „sehr hoch“. Die Auszehrungsrate für diese Altersgruppe beträgt 9,9 Prozent, was gemäß den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation als „schlecht“ einzustufen ist und an „ernst“ grenzt (WHO 2010). Diese Werte variieren von Regionalstaat zu Regionalstaat innerhalb äthiopiens, und teilweise liegen die regionalen Raten wesentlich höher als der landesweite Durchschnitt (Tabelle 4.2).
Die unzureichende Ernährungspraxis bei Säuglingen und Kleinkindern scheint ein Hauptgrund für diese alarmierenden Zahlen zu sein. 67 Prozent der Kinder unter 24 Monaten werden zwar altersgerecht gestillt, doch nur 7,3 Prozent der Kinder im Alter von 6 bis 23 Monaten erhalten eine angemessene Mindesternährung. Selbst in Addis Ababa – wo der Anteil der Kinder in dieser Altersgruppe, die eine angemessene Mindesternährung erhalten, am höchsten beziffert wird – ist die Quote mit nur 27,1 Prozent noch niedrig (CSA und ICF 2016). Viele neuere Studien haben die mangelhafte Ernährungspraxis bei Säuglingen und Kleinkindern in verschiedenen Teilen äthiopiens dokumentiert und kommen zu dem Schluss, dass eine unzureichende Ernährungspraxis bei Säuglingen und Kleinkindern eine Hauptursache für Wachstums verzögerung ist. Selbst in einem Gebiet mit überschüssiger Nahrungsmittelproduktion (Zone West Gojjam im Regionalstaat Amhara) war Wachstumsverzögerung bei Kindern weitverbreitet, wobei unangemessene Fütterungspraktiken der Hauptrisikofaktor für Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren darstellten (Teshome et al. 2009).
Der allgemeine Gesundheitszustand von Kindern spielt auch eine Rolle für ihre Nahrungsverwertung. Studien haben gezeigt, dass Durchfallerkrankungen Wachstumsverzögerung, Auszehrung und Untergewicht bei Kindern zur Folge haben (Asfaw et al. 2015). Ausgehend von Beobachtungen in der Woreda Haramaya im Regionalstaat Oromia wird angenommen, dass Durchfallerkrankungen zu Untergewicht führen und Fieber Auszehrung zur Folge hat (Yisak, Gobena und Mesfin 2015).
Der Ernährungszustand der Frauen muss ebenfalls berücksichtigt werden, nicht nur um der Frauen selbst willen, sondern auch mit Blick auf ihre Kinder. Die Wahrscheinlichkeit, von Unterernährung betroffen zu sein, ist für Frauen mit geringem Ermächtigungsniveau (empowerment) und minimaler Entscheidungsbefugnis etwa 50 Prozent höher als für andere Frauen (Tebekaw 2011). Etwa ein Viertel der äthiopischen Frauen im gebärfähigen Alter hat einen so niedrigen Body-Mass-Index-(BMI)-Wert, dass der Ernährungszustand ihrer Kinder gefährdet ist (Negash et al. 2015; Tigga und Sen 2016). Frühe Mutterschaften sind üblich: 27,7 Prozent der Frauen gebären vor dem 19. Lebensjahr, was den Ernährungszustand von Frauen und Kindern belastet (USAID 2018a). In der Zone Debub Misraqawi im Regionalstaat Tigray nahmen stillende Frauen nicht genug Nahrung zu sich und wiesen schlechte anthropometrische Werte auf – beide Faktoren haben negative Auswirkungen auf die Ernährung ihrer Kinder (Haileslassie, Mulugeta und Girma 2013).
Der Ernährungszustand der Frauen muss ebenfalls berücksichtigt werden, nicht nur um der Frauen selbst willen, sondern auch mit Blick auf ihre Kinder. Die Wahrscheinlichkeit, von Unterernährung betroffen zu sein, ist für Frauen mit geringem Ermächtigungsniveau (empowerment) und minimaler Entscheidungsbefugnis etwa 50 Prozent höher als für andere Frauen (Tebekaw 2011). Etwa ein Viertel der äthiopischen Frauen im gebärfähigen Alter hat einen so niedrigen Body-Mass-Index-(BMI)-Wert, dass der Ernährungszustand ihrer Kinder gefährdet ist (Negash et al. 2015; Tigga und Sen 2016). Frühe Mutterschaften sind üblich: 27,7 Prozent der Frauen gebären vor dem 19. Lebensjahr, was den Ernährungszustand von Frauen und Kindern belastet (USAID 2018a). In der Zone Debub Misraqawi im Regionalstaat Tigray nahmen stillende Frauen nicht genug Nahrung zu sich und wiesen schlechte anthropometrische Werte auf – beide Faktoren haben negative Auswirkungen auf die Ernährung ihrer Kinder (Haileslassie, Mulugeta und Girma 2013).
Des Weiteren weisen mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen dem Zugang zu Märkten und Straßen und der Ernährung nach. Bei ansonsten gleichen Bedingungen sind das Gewicht in Bezug auf das jeweilige Alter und die Körpergröße bei denjenigen Kindern höher, deren Haushalte näher an den Lebensmittelmärkten in der Zone East Tigray im Regionalstaat Tigray liegen, wenngleich die Nähe zu den Märkten nicht ausreicht, um die Mangelernährung auch in der kargen Jahreszeit auszugleichen (Abay und Hirvonen 2016). Das Ernährungswissen von Müttern wirkt sich zwar positiv auf die Ernährungsvielfalt von Kindern in der Woreda Alefa im Regionalstaat Amhara aus, jedoch nur in Gebieten mit gutem Zugang zu Märkten (Hirvonen et al. 2017). Darüber hinaus haben Kinder in Haushalten, die eine vielfältigere Auswahl an Agrarprodukten erzeugen, in der Regel eine ausgewogenere Ernährung, insbesondere in Gebieten mit geringer Marktintegration (Hirvonen und Hoddinott 2014).