Der frühere UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld hat es einmal so ausgedrückt:
Ich kann nicht alles tun – aber jeder kann etwas tun.
Die vernetzte und transformative Agenda 2030 ist ehrgeizig, aber ihre Ziele sind erreichbar; allerdings kann sie nicht in die Tat umgesetzt werden, wenn die einzelnen Akteure jeweils allein arbeiten. Die Vereinten Nationen, Regierungen, Zivilgesellschaften und der privatwirtschaftliche Sektor müssen ihre üblichen institutionellen Grenzen überschreiten, neue Partnerschaften eingehen und neuen Vorgehensweisen den Weg bahnen.
Für die neuen Denk- und Handlungsansätze, die für die Umsetzung der Agenda 2030 notwendig sind, findet man zahlreiche Beispiele in den Erfahrungen derer, die in den Bereichen Ernährungssicherung und nachhaltige Landwirtschaft arbeiten. In den letzten zehn Jahren wurden verschiedenste Plattformen, Partnerschaften und Bewegungen mit dem Ziel gegründet, Hunger und alle Arten von Fehlernährung – darunter Kaloriendefizite, Unterernährung und Fettleibigkeit – zu beseitigen und nachhaltige, widerstandsfähige und inklusive Ernährungssysteme zu entwickeln. Sie können als Lehre für die Umsetzung der Agenda 2030 dienen.
Die Herausforderung „Zero Hunger”
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon führte die „Zero Hunger Challenge“ (ZHC) im Jahr 2012 bei der UN-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung (Rio+20) ein. Die Initiative bildete den Grundstein für eine wachsende Bewegung mit zahlreichen Akteuren, die sich dafür engagieren, die Vision der Überwindung von Hunger und Fehlernährung Wirklichkeit werden zu lassen. ZHC hat es sich zur Aufgabe gemacht,
- alle Interessengruppen zusammenzubringen und ihnen die Bedeutung von Ernährungssicherheit und inklusiver, nachhaltiger und widerstandsfähiger Landwirtschaft bei der Umsetzung der Agenda 2030 zu vermitteln und
- Kooperationen zur Entwicklung solcher Ernährungssysteme zu unterstützen, beschleunigen und verstärken, die allen Menschen zugutekommen.
ZHC hat verschiedene Aktivitäten auf Länderebene angestoßen und dafür gesorgt, dass Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft ein Schwerpunkt auf der globalen Entwicklungsagenda bleiben.
Strukturell der Agenda 2030 ähnlich, fördert die „Zero Hunger Challenge“ integrierte Ansätze, die auf die vielfachen Ursachen von Hunger und Fehlernährung reagieren. Die Initiative erkennt die wichtige Rolle der Ernährungssysteme beim Schutz von ökosystemen und Artenvielfalt wie auch bei der Minimierung negativer Klimaauswirkungen an. Die Vision „Zero Hunger“ basiert auf dem Recht jedes Menschen auf Zugang zu ausreichenden, sicheren und nährstoffreichen Lebensmitteln und kann einen bedeutenden Beitrag zu tiefgreifenden, aber notwendigen Veränderungen leisten.
Die „Zero Hunger Challenge“ bietet allen Akteuren eine auf gemeinsamen Prinzipien beruhende Plattform, auf der sich Städte, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen, die Behörden, Fonds und Programme der UN, Forschungsinstitute, Glaubensgemeinschaften, Wohltätigkeitsorganisationen, Köche, Studierende und viele andere hinter der geteilten Vision der Beendigung von Hunger und Armut versammeln können. Alle, die die „Zero Hunger Challenge“ unterstützen, sollten ermutigt werden, zu aktiven Verfechtern einer Welt ohne Hunger zu werden. Als Unterstützer dieser Bemühungen sollten sie das Ziel verfolgen, innovative und weitsichtige Ansätze auf institutioneller Ebene zu übernehmen und so den anvisierten Wandel zu bewirken.
Compact2025
Auch Compact2025, eine Plattform unter Federführung des Internationalen Forschungsinstituts für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI), illustriert dieses Umdenken beispielhaft. Bei Compact2025 steht die Bedeutung von Forschung und Wissen für Entwicklungserfolge im Zentrum. Die Plattform bietet einen globalen Knotenpunkt für Wissen und Innovation und schafft so die Gelegenheit zum Experimentieren, Lernen und Teilen von Erkenntnissen, aus denen pragmatische, handlungsorientierte Strategien resultieren. Der Fokus liegt auf der Unterstützung von Innovationen, dem Austausch über erfolgreiche Maßnahmen, der Zusammenfassung von Erkenntnissen, der Sammlung von Daten und der Bemessung von Fortschritten.
Compact2025 kann Länder bei der Weiterentwicklung und Umsetzung wirksamer Handlungspläne unterstützen, indem ein Netzwerk aus Forschern und politischen Entscheidern Erkenntnisse und Lücken im Hinblick auf die Umsetzung auf nationaler und subnationaler Ebene identifiziert. Erfolge anderer können als Grundlage für das eigene Handeln fungieren, so zum Beispiel die signifikante Reduzierung von Armut, Hunger und Unterernährung in Brasilien durch wirksame Sozialprogramme und Ernährungsmaßnahmen. In China wurden Kleinbauern dabei unterstützt, nährstoffreiche Lebensmittel zu produzieren und zu kaufen, wodurch das Einkommen der ländlichen Bevölkerung gesteigert wurde. Diese Beispiele liefern wertvolle Erkenntnisse und brauchbare Modelle für andere Länder. Neben Compact2025 präsentieren auch weitere IFPRI-Projekte, darunter „Nourishing Millions: Stories of Change in Nutrition“ und der „Global Nutrition Report“, Erfolgsgeschichten im Bereich der Ernährung und motivieren Länder und Regionen damit, auch über ihre Grenzen hinweg voneinander zu lernen.
Diese Projekte unterstreichen das Potenzial innovativer Ansätze, die zahlreiche Akteure zur Unterstützung nationaler Aktionspläne zusammenbringen. Dies sind nur zwei Beispiele unter vielen anderen; ein weiteres ist etwa das UN-Komitee für Welternährung (Committee on World Food Security, CFS) mit seinem innovativen Ansatz, verschiedene Interessengruppen zusammenzubringen, die dann gemeinsam Politikempfehlungen und Leitfäden zu einem breiten Themenspektrum im Bereich der Ernährungssicherheit entwickeln und verabschieden. Die Initiative „Scaling Up Nutrition“ (SUN) hat 57 Länder versammelt, deren Regierungen der Bekämpfung von Fehlernährung Priorität einräumen. Seit der Gründung im Jahr 2010 hat SUN das Zusammenwirken der Mitgliedsländer mit einem immer weiteren Kreis von Interessenvertretern gefördert, die die Vielfalt der Strategien widerspiegeln, die zur Bekämpfung von Fehlernährung nötig sind. Starke nationale Bewegungen sind entstanden, die eigene, auf Länderebene entwickelte Ansätze verfolgen und dazu die für ihren Kontext notwendigen Systeme schaffen.