Länderstudie:
Land gemeinsam gestalten: Multi-Akteurs-Partnerschaften in der Praxis

In Sierra Leone stellte die Verabschiedung des Customary Land Rights Act (CLRA) im Jahr 2022 einen Meilenstein für eine inklusive Land-Governance dar. Er sichert Frauen und marginalisierten Gruppen Landrechte zu, schaffte alle Formen der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Zugehörigkeit zu Stamm oder Ethnie, Religion, Familienstand sowie sozialem oder wirtschaftlichem Status ab und schreibt vor, dass Frauen mindestens 30 Prozent der Sitze in allen Gremien der Landverwaltung innehaben – und damit eine verbindliche Rolle in Entscheidungen über Landfragen. (Sierra Leone 2022)
Dieses wegweisende Gesetz war das Ergebnis jahrelanger zivilgesellschaftlicher Mobilisierung und anhaltenden öffentlichen Drucks, an dem auch Land for Life Sierra Leone, ein Bündnis von vier zivilgesellschaftlichen Organisationen, aktiv beteiligt war. 2019 mit Unterstützung des Land for Life Programms der Welthungerhilfe gegründet, trug das Bündnis durch Advocacy-Arbeit, den Aufbau von Kapazitäten und die Förderung des lokalen Dialogs zum Erfolg des Gesetzes bei.
Unsichere Landrechte untergraben die Fähigkeit, Nahrung zu produzieren, für die Zukunft zu planen oder sich von Schocks zu erholen – und führen so zu Ernährungsunsicherheit. Die Landnutzungsrechte sind jedoch oft komplex und von sich überschneidenden Rechtssystemen und tief verwurzelten Machtungleichgewichten geprägt, die es Individuen, insbesondere Frauen und marginalisierten Gruppen, erschweren, Zugang zu ihrem Land zu erhalten.
Die Welthungerhilfe stellt in ihrem Programm Land for Life die Zusammenarbeit verschiedener Akteure in den Mittelpunkt, um diese Komplexität in der Praxis zu bewältigen. Multi- Akteurs-Partnerschaften (MAPs) bringen Beteiligte aus allen Bereichen der Gesellschaft mit Hilfe von Dialogplattformen zusammen: traditionelle Führungskräfte, lokale und nationale Amtsträger*innen, Landwirt*innen, Zivilgesellschaft und Akteur*innen des Privatsektors. Die Plattformen ermöglichen Austausch und einen Mechanismus zur Koordinierung konkurrierender Interessen, zur Überwindung von Misstrauen und zur Förderung von lokalen Lösungen zu komplexen Fragen der Regierungsführung.
Land for Life Sierra Leone hat landesweit 16 MAPs initiiert, davon 12 auf Chiefdom- und vier auf Bezirksebene. Die MAPs trugen dazu bei, dass die neue Gesetzgebung die Realitäten vor Ort widerspiegelt und die Rechte derjenigen wahrt, die in der Vergangenheit von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen waren. Heute helfen MAPs in Sierra Leone bei der Identifizierung von Lücken in der Implementierung des neuen Landgesetzes.
Frauen wie Marie Olimbo Sesay, eine Landwirtin im Bezirk Port Loko, haben die Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau befähigt, ihre gesetzlichen Landrechte einzufordern: „Mir wurde der Zugriff zum Land meines Vaters verwehrt, weil ich eine Frau bin. Ich bin froh, dass ich vor Gericht für mein Recht auf Besitz und Nutzung des Landes eintreten konnte.“ Marie berichtet, dass sie nach der erfolgreichen Beanspruchung dieses Landes nun Gemüse und Baumkulturen anbaut und andere Frauen bei der Durchsetzung ihrer Landrechte unterstützt.
Das Programm Land for Life hat eine praktische Toolbox entwickelt, die die Einführung von MAPs in unterschiedlichen Kontexten unterstützt und als Leitfaden für deren Umsetzung dient. Mit acht Jahren Erfahrung in Burkina Faso, Äthiopien, der Republik Liberia und Sierra Leone bietet die Toolbox bewährte Methoden zum Aufbau von Vertrauen, zur Förderung kollektiver Führung und zum Umgang mit Machtverhältnissen in komplexen Fragen der Regierungsführung (Welthungerhilfe et al. 2025).

- Diese Fallstudie wurde von der Welthungerhilfe (WHH) erstellt. Seit 2011 arbeitet die WHH-Initiative Land for Life mit finanzieller Unterstützung des BMZ mit lokalen Partnern in Burkina Faso, Äthiopien, Liberia und Sierra Leone, gemeinsam Herausforderungen in der Land-Governance anzugehen. Unterstützt durch die Civil Society Academy (CSA) und die Network Movement for Justice and Development (NMJD) leistet die WHH fachliche Begleitung, organisiert Workshops und vernetzt die Partnerorganisationen auf Länderebene mit relevanten Akteuren.