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Burkina Faso: Eine Eingehendere Betrachtung von Hunger und Unterernährung

Burkina Faso

 

Eine eingehendere Betrachtung von Hunger und Unterernährung


 
   
Juni 2019
Foto: Phillip Hedemann/Welthungerhilfe; Die Schülerin Salamata Campaoré, 15 Jahre, in einem von der deutschen Welthungerhilfe unterstützten Alphabetisierungskurs für Baumwollbauern im Dorf Binsboumbou, Provinz Bazèga, Region Centre-Sud, Burkina Faso. Ausblenden

Erhebliche Veränderungen und große Herausforderungen

Foto: Andreas Bretz/Welthungerhilfe; Gemüseanbau im Welthungerhilfe-Milleniumsdorf Dissin in der Provinz Ioba, Region Sud-Ouest, Burkina Faso. Ausblenden
ABBILDUNG 1: KARTE VON BURKINA FASO MIT REGIONEN

KARTE VON BURKINA FASO MIT REGIONEN

  Download/Diese Seite Drucken Hinweis: Burkina Faso ist in 13 Regionen gegliedert, die wiederum in 45 Provinzen aufgeteilt sind.

Nach mehr als einem Vierteljahrhundert unter einem autoritären Machthaber wählte Burkina Faso 2015 einen neuen Präsidenten. Die als frei und fair bewertete Wahl läutete eine hoffnungsvolle neue ära für das Land ein (Harsch 2016).

Doch Burkina Faso steht vor großen Herausforderungen. Das Land hat in den vergangenen Jahren eine Welle von terroristischen Anschlägen erlebt; nach einer Anschlagserie traten im Januar 2019 plötzlich Premierminister und Regierung zurück (Blake 2019). 2017 lag das Pro-Kopf-BIP bei nur 642 US-Dollar und damit deutlich unter dem Durchschnitt in Subsahara-Afrika von 1.574 US-Dollar. Die Armutsquote in Burkina Faso lag 2014 bei 43,7 Prozent – was einen außerordentlichen Rückgang gegenüber 81,6 Prozent im Jahr 1998, aber immer noch einen sehr hohen Wert bedeutet (World Bank 2019). Auf dem Index der menschlichen Entwicklung 2017 rangiert Burkina Faso auf Platz 183 von 189 Ländern, was zum Teil daran liegt, dass es das Land mit der kürzesten durchschnittlichen Schulausbildung von nur 1,5 Jahren ist (UNDP 2018).

Burkina Faso befindet sich in einem wirtschaftlichen und demografischen Wandel. 28 Prozent der burkinischen Beschäftigten sind in der Landwirtschaft, 40 Prozent im Dienstleistungssektor und 32 Prozent in der Industrie tätig. Dies bedeutet eine gewaltige Veränderung gegenüber 1991, als noch 89 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft arbeiteten, nur acht Prozent im Dienstleistungssektor sowie drei Prozent in der Industrie (World Bank 2019).

Die steigende Quote der in der Industrie beschäftigten Arbeitskräfte ist die Folge eines wachsenden informellen, kleingewerblichen Goldbergbausektors (AUC/OECD 2018). Der Anteil der Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft am BIP beträgt 29 Prozent, jener des industriellen Sektors 18 Prozent und jener des Dienstleistungssektors 55 Prozent. überdies wird die Bevölkerung zunehmend urbaner: Der Anteil der Landbevölkerung sank von 86 Prozent im Jahr 1991 auf 71 Prozent im Jahr 2017.

Burkina Faso verfügt über relativ viel Land, sodass die durchschnittlich pro Kopf zur Verfügung stehende Ackerfläche größer ist als der Durchschnitt in Subsahara-Afrika und weltweit (World Bank 2019). Die Landwirtschaft in Burkina Faso leidet indes unter geringer Produktivität und mangelnder Bewässerung, weswegen die Bäuerinnen und Bauern bei Dürren von Ernteverlusten bedroht sind (Murphy, Oot, and Sethuraman 2017).

Der Grad an Hunger und Unterernährung nimmt zwar ab, bleibt aber dennoch hoch

Foto: Kevin Ashton/Welthungerhilfe; Sorghumhirsen-Ernte im Rahmen des BRES-X Projektes zu Veränderung der Anbaumethoden in Burkina Faso mit dem Ziel der Stärkung der Widerstandskraft gegen Klimaextreme, Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit und des Einkommens für 620.000 Menschen, sowie erleichterten Marktzugang für Bauern in der Kourwogo Provinz und der Oubritenga Provinz in der Region Plateau Central, sowie in der Sanmatenga Provinz und der Bam Provinz in der Region Centre-Nord; BRACED Konsortium (Building Resilience and Adaptation to Climate Extremes and Disasters). Ausblenden

Die WHI-Werte für jedes Land werden auf Basis der folgenden vier Indikatoren ermittelt:

  1. UNTERERNäHRUNG: der prozentuale Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung (Indikator für den Anteil der Menschen, die ihren Kalorienbedarf nicht decken können);
  2. AUSZEHRUNG BEI KINDERN: der Anteil von Kindern unter 5 Jahren, die an Auszehrung leiden (damit ist ein zu niedriges Gewicht in Bezug auf die jeweilige Größe gemeint, ein Beleg für akute Unterernährung);
  3. WACHSTUMSVERZöGERUNG BEI KINDERN: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren, die wachstumsverzögert sind (damit ist eine zu geringe Körpergröße in Bezug auf auf das jeweilige Alter gemeint, ein Beleg für chronische Unterernährung);
  4. KINDERSTERBLICHKEIT: die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren (ein Indikator, der zum Teil das fatale Zusammenwirken von mangelnder Nährstoffversorgung und einem ungesunden Umfeld widerspiegelt).
ABBILDUNG 2: WELTHUNGER-INDEX-WERTE UND INDIKATORWERTE FüR BURKINA FASO (2000, 2005, 2010 UND 2018)

WELTHUNGER-INDEX-WERTE UND INDIKATORWERTE FüR BURKINA FASO (2000, 2005, 2010 UND 2018)

  Download/Diese Seite Drucken Quelle: die AutorInnen
Anmerkung: Die Zahlen zur Unterernährung beziehen sich auf deren Verbreitung innerhalb der gesamten Landesbevölkerung; Wachstumsverzögerung, Auszehrung und Kindersterblichkeit beziehen sich jeweils auf die Indikatorwerte für Kinder unter fünf Jahren. Die Daten für die WHI-Werte sowie zur Wachstumsverzögerung bei Kindern und Auszehrung bei Kindern stammen aus den Perioden 1998 bis 2002 (2000), 2003 bis 2007 (2005), 2008 bis 2012 (2010) und 2013 bis 2017 (2018). Das Datenmaterial zur Unterernährung wurde in den Zeiträumen 1999 bis 2001 (2000), 2004 bis 2006 (2005), 2009 bis 2011 (2010) und 2015 bis 2017 (2018) erfasst. Die Daten zur Kindersterblichkeit wurden in den Jahren 2000, 2005, 2010 und 2016 (2018) erhoben. Informationen zur Berechnung der WHI-Werte finden sich in Anhang A des WHI-Berichts 2018; Informationen zu den Quellen, anhand derer die Daten erstellt wurden, in Anhang B.

Burkina Fasos WHI-Wert von 27,7 für 2018 wird als ernst klassifiziert und bedeutet Platz 89 von 119 in der WHI-Länderrangliste. Der Wert für 2018 stellt eine Verbesserung dar, denn 2000 betrug er noch 47,4 und wurde als sehr ernst eingestuft – an der Schwelle zu gravierend. Dieser Verbesserung liegen rückläufige Werte bei jedem der WHI-Indikatoren zugrunde: der Verbreitung von Unterernährung (unzureichender Zugang zu Kalorien), Wachstumsverzögerung bei Kindern (zu geringe Körpergröße in Bezug auf das jeweilige Alter), Auszehrung bei Kindern (zu geringes Gewicht in Bezug auf die jeweilige Körpergröße) und Kindersterblichkeit (Abbildung 2).

Im Kampf gegen den Hunger erzielte Burkina Faso jedoch nicht kontinuierlich Fortschritte. Der WHI-Wert für 2005 war höher als jener für 2000, was auf einen beträchtlichen Anstieg der Auszehrung bei Kindern gemäß den Erhebungsdaten von 2006 zurückzuführen ist, deren Ursachen in der verheerenden Heuschreckenplage im Jahr 2004 und den geringen Niederschlägen im Zeitraum von 2004 bis 2005 liegen (UNICEF, WHO, and World Bank 2018; UN OCHA 2006).

Burkina Faso kann die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln weitgehend durch die Inlandsproduktion decken und exportiert sogar einige Getreidearten und Nutztiere in seine Nachbarländer. Indes werden aufgrund veränderter Ernährungsgewohnheiten, insbesondere der Stadtbevölkerung, zunehmend Reis und Weizenmehl nachgefragt, und die Importe dieser Grundnahrungsmittel nehmen jährlich zu. Angesichts der hohen Abhängigkeit vom Regenfeldbau variiert das Produktionsniveau jedoch von Jahr zu Jahr, sodass die Bevölkerung in Jahren mit geringen Niederschlägen von Ernährungsunsicherheit bedroht ist (FEWS NET 2017). Ferner wird die Obst- und Gemüseerzeugung in Burkina Faso durch die Getreideproduktion übertroffen, und zwar in weit größerem Ausmaß als in Westafrika oder Afrika insgesamt (FAO 2019).

Die Nahrungsmittelproduktion variiert zudem je nach Provinz und Region. Die Regionen Centre, Centre-Nord, Sahel und Nord sind nicht in der Lage, genügend Getreide zu produzieren, um die Nachfrage zu decken, sodass deren Bevölkerung auf den Zukauf von Nahrungsmitteln angewiesen ist. Die Regionen Centre-Nord, Sahel und Nord, die sich in der trockenen Sahelzone im Norden des Landes befinden, sind zwar abhängig von der Viehzucht, produzieren aber auch in begrenztem Maß Grundnahrungsmittel. Die landwirtschaftliche Produktion in der Region Centre, in der auch Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou liegt, fällt im Verhältnis zur Bevölkerungszahl zu gering aus (FEWS NET 2017). In der Nähe der großen Städte, vorwiegend in den zentralen und nördlichen Regionen, wird etwas Gartenbau betrieben, allerdings in eher kleinem Maßstab (Sanfo, Barbier, and Zangre 2017). Der Süden des Landes wird vom Ackerbau dominiert – vor allem vom Getreidebau (FEWS NET 2017). Produktionszahlen allein können das Bild jedoch trüben: So verzeichnet etwa die Region Boucle de Mouhoun eine überschussproduktion an Nahrungsmitteln, zugleich liegen die dortige Armutsrate und Ernährungsunsicherheit (basierend auf der Kalorienzufuhr der Haushalte) über dem Landesdurchschnitt (World Bank 2016). Dies verdeutlicht einerseits wie wichtig es ist, landwirtschaftliche Aktivitäten im ganzen Land zu fördern – unter Berücksichtigung der Bedeutung der Viehzucht im Norden und des Pflanzenbaus in der Mitte und im Süden, insbesondere bei Dürren. Ferner zeigt es die Notwendigkeit arme Personen zu unterstützen, vor allem jene, die von Nahrungsmittelkäufen abhängig sind und somit bei Preisexplosionen von Nahrungsmitteln besonders gefährdet sind. überdies wird dadurch klar, dass eine funktionierende Infrastruktur – einschließlich Straßen und Märkten – unbedingt entwickelt sowie erhalten werden muss, um den überregionalen Handel mit Nahrungsmitteln zu ermöglichen.

Aktuelle Daten zum Mikronährstoffstatus der burkinischen Bevölkerung stehen kaum zur Verfügung. Bei Frauen im gebärfähigen Alter betrug die Anämiequote im Jahr 2015 landesweit 50 Prozent (Development Initiatives 2018). 2014 lag bei 86 Prozent der burkinischen Kinder im Alter von 6 bis 59 Monaten ein gewisser Grad an Anämie vor (ICF 2019). Erhebungen zu Vitamin-A-Mangel offenbarten große Unterschiede zwischen den Regionen, die von 17 Prozent bei Frauen in Ouagadougou bis 64 Prozent bei Frauen in Centre-Nord reichen (Zeba et al. 2012; Zagré et al. 2002). Des Weiteren wiesen 85 Prozent der Kinder im Alter von ein bis drei Jahren in Centre-Nord einen Vitamin-A-Mangel auf, wie anhand ihres niedrigen Serumretinolspiegels festgestellt wurde (Zagré et al. 2002).

Sowohl die Wachstumsverzögerungsrate bei Kindern von 27,3 Prozent als auch die Auszehrungsrate bei Kindern von 7,6 Prozent in Burkina Faso gelten als mäßig / schlecht und stellen eine Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar (UNICEF, WHO, and World Bank 2018; WHO 2010). Doch zwischen den Regionen zeigen sich einige Unterschiede. Die Wachstumsverzögerungsrate in der Region Centre mit der Hauptstadt Ouagadougou beträgt 14,5 Prozent, während sie in anderen Regionen zwischen 20 und 35 Prozent liegt. Die Auszehrungsraten reichen von 4,6 bis 10,2 Prozent (Ministère de la Santé et al. 2016) (siehe Tabelle 1).

Anlass zur Sorge gibt die Ernährung von Säuglingen und Kindern. Nur 55 Prozent der Säuglinge von null bis fünf Monaten werden ausschließlich gestillt, und lediglich 21 Prozent der Kinder von 6 bis 23 Monaten erhalten eine angemessene Mindesternährung – eine Richtlinie, die das Minimum bezüglich Ernährungsvielfalt und Mahlzeitenhäufigkeit vorgibt und unterschiedliche Empfehlungen für gestillte und nicht gestillte Kinder enthält, die Milch oder Milchprodukte als Ersatz für Muttermilch benötigen (Ministère de la Santé et al. 2016).

Weitere Aspekte, die Einfluss auf das Wachstum und die Ernährung von Kindern haben können, sind die Situation hinsichtlich Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) sowie der Kontakt mit Tierkot im Haushalt. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Kinder, die mit Krankheitserregern aus tierischem Kot in Berührung kommen, eine Wachstumsverzögerung aufweisen, welche durch eine als „umweltbedingte Darmdysfunktion“ (EED) bezeichnete Erkrankung verursacht wird. Eine aktuelle Studie aus Burkina Fasos Region Nord ergab, dass in zahlreichen Haushalten Geflügel gehalten wird, wodurch Kinder im Haushalt regelmäßig mit Geflügelkot in Berührung kommen, während die dortigen WASH-Praktiken und -Vorrichtungen überwiegend unzureichend sind. So deutet dies darauf hin, dass diese Faktoren zu einem schlechten Kindeswachstum beitragen können. Es bedarf weiterer Forschung, um zu eruieren, welche Art von Programmen das Wissen über die Auswirkungen einer suboptimalen Haltung von Tieren und deren hygienische Folgen für die menschliche Gesundheit und Ernährung wirksam erweitern kann, und welche Ressourcen für entsprechende Verbesserungen in den Haushalten benötigt werden (Gelli et al. 2017).

Wie Hunger zurückgedrängt wurde

Foto: Happuc/Welthungerhilfe; Arbeit auf dem Maniokfeld im Rahmen der Einführung nachhaltiger Anbaumethoden, Intensivierung und Diversifizierung des Gemüseanbaus, und integrierter Entwicklung der Maniokwertschöpfungskette in den Kommunen Bilanga, Diabo, Tigba, Fada NGourma, Pama, Region Ouest, Burkina Faso. Ausblenden

Tabelle 1

INDIKATORWERTE ZUM ERNäHRUNGSZUSTAND VON KINDERN NACH REGION IN BURKINA FASO

Region Wachstumsverzögerung (%) Auszehrung (%)
Boucle du Mouhoun 23,6 8,8
Cascades 31,1 6,3
Centre 14,5 9,0
Centre-Est 30,7 5,9
Centre-Nord 25,5 6,3
Centre-Ouest 25,1 8,8
Centre-Sud 20,0 4,6
Est 34,6 8,6
Hauts-Bassins 25,0 6,0
Nord 29,5 8,2
Plateau Central 28,5 6,4
Sahel 33,1 7,9
Sud-Ouest 29,9 10,2
Gesamt 27,3 7,6
Quelle: Ministère de la Santé et al. (2016).
Hinweis: Die Werte beziehen sich auf Kinder unter fünf Jahren. Aktuelle Unterernährungs- und Kindersterblichkeitswerte auf subnationaler Ebene sind für Burkina Faso derzeit nicht verfügbar.

Forschende haben in Burkina Faso eine Reihe von Studien durchgeführt, um die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen zur Verringerung von Hunger und Unterernährung zu bewerten. In Burkina Faso wurde in einigen Fällen deutlich, dass die Landwirtschaft zu einer Verbesserung der Ernährungssicherheit beigetragen hat. Zwischen 1992 und 2006 hat Burkina Faso die Institutionen und die Politik seines Baumwollsektors grundlegend reformiert. Diese Reformen ermöglichten schätzungsweise fünf bis acht Prozent der bisher ernährungsunsicheren Bevölkerung Burkina Fasos, Ernährungssicherheit in Bezug auf den Getreidekonsum zu erlangen (Kaminski, Headey, and Bernard 2009). Ein integriertes Programm zur Förderung der Landwirtschaft und von ernährungs- und gesundheitsbezogenen Verhaltensänderungen in der Provinz Gourma, Region Est, führte zu höheren Hämoglobinwerten, niedrigeren Anämieraten und etwas geringeren Auszehrungsraten bei Kleinkindern (Olney et al. 2015). Zudem verbesserte die Initiative bei Müttern die Ernährung und dämmte das Problem von Untergewicht ein (Olney et al. 2016).

In Burkina Fasos trockenen Sahel-Gebieten führten Bäuerinnen und Bauern mit verschiedenen Maßnahmen eine Wiederbegrünung herbei, indem sie vormalige degradierte landwirtschaftliche Flächen renaturierten und so den Anbau von Nahrungsmitteln und den Baumbestand wieder erhöhten. Dazu gehörten u.a. das Ausheben von Gruben zur Aufnahme von Wasser und Nährstoffen und der Bau von Kontursteinwällen zur Regulierung des Regenwasserabflusses. Es wird angenommen, dass diese Aktivitäten zur Erhöhung der Ernteerträge und Nahrungsmittelproduktion beitrugen. Nach Umsetzung dieser Maßnahmen sank die Dauer des Nahrungsmittelmangels der teilnehmenden Haushalte von sechs Monaten auf zwei oder drei Monate (Reij et al. 2009).

Diverse Interventionen in Burkina Faso zur Verbesserung der Ernährung von Kindern zeigten positive Wirkungen. Ein Stillförderprogramm, das auch häusliche Beratungsgespräche für junge Mütter beinhaltete, erhöhte die Quote derer, die zwölf Wochen nach der Geburt ausschließlich stillten, auf 79 Prozent in der Interventionsgruppe gegenüber 35 Prozent in der Kontrollgruppe (Tylleskär et al. 2011). Eine Pilotstudie zur Behandlung von stark unterernährten Kindern im Alter von sechs bis 59 Monaten ergab, dass sich Kinder, deren Ernährung mit Pulver um heimische, nährstoffreiche Moringablättern ergänzt wurde, schneller erholten als Kinder einer Kontrollgruppe (Zongo et al. 2013).

Im Rahmen einer in der Region Hauts-Bassins durchgeführten Studie wurden drei Ansätze zur Behandlung von moderater akuter Mangelernährung bei Kindern im Alter von sechs bis 24 Monaten miteinander verglichen: die Bereitstellung einer angereicherten Mais-Soja-Mischung, die Ausgabe eines lokal produzierten, gebrauchsfertigen Nahrungsergänzungsmittels sowie die Beratung von Betreuungspersonen zu den Themen Ernährungs- und Gesundheitsbedürfnisse von Kindern. Am höchsten fielen die Erholungsraten bei denjenigen Kindern aus, die an den beiden lebensmittelbasierten Interventionen teilgenommen hatten; in der dritten Gruppe, die mehr Probleme hinsichtlich mangelnder Anwesenheit sowie Ausfällen zu verzeichnen gehabt hatte, wurden bei Familien, die tatsächlich an den Beratungssitzungen teilgenommen hatten, ähnliche Erfolgsquoten erzielt wie bei den ersten beiden Gruppen. Die AutorInnen vermuten, dass Beratung einen wirksamen Ansatz zur Behandlung von Mangelernährung bilden kann, wenn Anwesenheit durch Anreize herbeigeführt werden könnte (Nikièma et al. 2014).

Eine Evaluierung von zwei Schulspeisungsprogrammen, die in der Region Sahel von Burkina Faso durchgeführt wurden – bei einem gab es die Speisen in der Schule, beim anderen wurden Rationen für Zuhause ausgegeben –, belegte einen kleinen positiven Effekt von Schulmahlzeiten auf das altersbezogene Gewicht von Kindern im Schulalter, während die Heimrationen eine deutlich positivere Wirkung auf das altersbezogene Gewicht von Kindern im Vorschulalter im Haushalt hatten. Da sich die jüngeren Geschwister in einem früheren Entwicklungsstadium befanden, konnten sie von einer besseren Ernährung mehr profitieren als ihre älteren Geschwister, was darauf hindeutet, dass Heimrationen von Vorteil sein können (Kazianga, de Walque, and Alderman 2014).

Cash-Transfer-Programme, die in Entwicklungsländern häufig herangezogen werden, wirken sich zweifelsohne auf die Ernährung der direkten Begünstigten aus, während der Einfluss dieser Programme auf den Ernährungszustand einschließlich der Größe und des Gewichts von Kindern weniger deutlich sichtbar ist (Bastagli et al. 2016). In Burkina Faso wurde das Programm Moderate Acute Malnutrition Out (MAM‘Out), ein saisonales Programm zum bedingungslosen Bargeldtransfer, in der Provinz Tapoa in der Region Est eingeführt. Dieses führte zwar zu einer verbesserten Ernährungsqualität für die Kinder der Interventionsgruppe, hatte allerdings keine Auswirkungen auf Werte zur Wachstumsverzögerung und Auszehrung. Die AutorInnen der Studie mutmaßen, dass das Programm hätte wirksamer sein können, wäre es mit Maßnahmen zur Verhaltensänderung oder zu anderen ernährungsbezogenen Programmelementen kombiniert worden (Houngbe et al. 2017).

Maßnahmen der Politik zur Ernährungssicherung

Foto: Happuc/Welthungerhilfe; Reisanbau im Rahmen des BRES-X Projektes zu Veränderung der Anbaumethoden in Burkina Faso mit dem Ziel der Stärkung der Widerstandskraft gegen Klimaextreme, Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit und des Einkommens für 620.000 Menschen, sowie erleichterten Marktzugang für Bauern in der Kourwogo Provinz und der Oubritenga Provinz in der Region Plateau Central, sowie in der Sanmatenga Provinz und der Bam Provinz in der Region Centre-Nord; BRACED Konsortium (Building Resilience and Adaptation to Climate Extremes and Disasters). Ausblenden

Empfehlungen für größere Fortschritte im Kampf gegen Hunger und Unterernährung

Foto: Happuc/Welthungerhilfe; Geflügelzucht-Projekt zur nachhaltigen Verbesserung der Einkommenssituation von Bäuerinnen und Jugendlichen in der Provinz Kongoussi, Region Centre-Nord, Burkina Faso. Ausblenden
 

Fußnoten

  1. Die hier genannten Armutsquoten beziehen sich auf die internationale Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag und Kopf (Kaufkraftparität 2011).  
  2. Die jüngste Erhebung zur Beschäftigung in Burkina Faso, die Enquête Multisectorielle Continue (EMC) 2014, weist für 2017 eine ähnliche Beschäftigungsquote in der Landwirtschaft wie die Daten der Weltbank auf (World Bank 2019). Gleichwohl wird eingeräumt, diese niedrige Quote könnte teilweise dadurch zustande gekommen sein, dass die Erhebung in der Trockenzeit durchgeführt wurde (INSD 2015).  
  3. Weltweit ist Unterernährung die Ursache für 45 Prozent aller Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren (Black et al. 2013).  
  4. Diese Beschreibung bezieht sich auf die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und unterscheidet sich vom Zugang zu Nahrungsmitteln. Trotz des scheinbar relativ guten Produktions- und Exportniveaus des Landes verfügen nicht alle Bevölkerungsgruppen über ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln.  
  5. Diese Berechnung basiert auf dem Verhältnis der geernteten Obst- und Gemüsefläche zur geernteten Getreidefläche und dem Verhältnis des tatsächlich produzierten Obsts und Gemüses gegenüber dem erzeugten Getreide in Tonnen für Burkina Faso, Westafrika und Afrika gemäß FAOSTAT.  

Autorinnen:

Jill Bernstein und Doris Wiesmann