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Linking Agriculture, Natural Resource Management and Nutrition (LANN) in Asien

Linking Agriculture, Natural Resource Management and Nutrition in Asien


 
   
Länder-Fallstudie
Oktober 2014
Foto: Anna Claas, 2012; Ausblenden

Anmerkung: Dieses Kapitel wurde von der Welthungerhilfe und Concern Worldwide verfasst und gibt die Ansichten und Analysen beider Organisationen wieder. Es wurde keinem Peer Review durch das Publications Review Committee von IFPRI unterzogen und kann IFPRI nicht zugeschrieben werden.

Zitate von Ergebnissen oder Aussagen aus diesem Kapitel sollten folgendes Format haben: Welthungerhilfe und Concern Worldwide. 2014. „Integrierte Ansätze für eine bessere Ernährung“, Kapitel 4 in von Grebmer et al. (Hrsg.), Welthunger-Index 2014: Herausforderung verborgener Hunger. Bonn, Washington, D.C., und Dublin: Welthungerhilfe, Internationales Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik und Concern Worldwide.

 

Welthungerhilfe’s Program Areas in India

In Indien und Kambodscha konnten in den letzten zehn Jahren vielversprechende Fortschritte bei der Reduzierung der Sterblichkeit von Müttern und Kindern erzielt werden (UNICEF 2014b). In Indien wurde zudem der Anteil untergewichtiger Kinder signifikant vermindert (India, Ministry of Women and Child Development und UNICEF Indien 2014). Dennoch muss noch vieles verbessert werden. Obwohl sich das Land auf den 55. Rang des Welthunger-Indexes 2014 vorarbeiten konnte und die Situation nicht mehr als „sehr ernst“, sondern als „ernst“ eingestuft wird, leben in Indien weiterhin mehr chronisch unterernährte Kinder als irgendwo sonst auf der Welt. Beinahe jedes zweite Kind unter fünf Jahren leidet an Wachstumsverzögerungen (engl.: „stunting“) (UNICEF 2014b). In Kambodscha, das an 43. Stelle des WHI liegt, sind 40 Prozent der Kinder unter fünf Jahren von Wachstumsverzögerungen betroffen.

Beide Länder produzieren ausreichend Nahrungsmittel, um den durchschnittlichen Kalorienbedarf ihrer Bevölkerungen zu decken (FAO 2014). Allerdings ist der Zugang zu Nahrungsmitteln ungleich verteilt, und die politischen Konzepte konzentrieren sich noch immer vor allem auf die Menge an Nahrung (Versorgung mit Nahrungsenergie), während Investitionen in die verbesserte Ernährungssicherheit, wie eine höhere Qualität der Ernährung und sanitären Einrichtungen, zu kurz kommen (IDS 2014; Results 2014).

Die Anämie stellt weiterhin ein bedeutendes Gesundheitsproblem dar, das die Hälfte aller kambodschanischen Kinder unter fünf Jahren und 70 Prozent der gleichen Gruppe in Indien betrifft (Cambodia 2013; IIPS und Macro International 2007). Wenn sich die Entwicklung wie bisher fortsetzt, werden beide Länder die Millenniums- Entwicklungsziele zur Beseitigung von Hunger und Unterernährung sowie zur Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Kindern kaum erreichen können (Cambodia 2013; India 2014).

Arme und ausgegrenzte Menschen in ländlichen Gebieten sind besonders von Unterernährung, bedingt durch einen Mangel an Proteinen und Energie oder durch Mikronährstoffdefizite, betroffen. Die Welthungerhilfe verfolgt in ihren Programmen einen gemeindebasierten Trainingsansatz namens Linking Agriculture, Natural Resource Management and Nutrition (Verknüpfung von Landwirtschaft, Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen und Ernährung, LANN), um die Ernährungssituation der am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen zu verbessern.

Aus der Forschungsliteratur geht hervor, dass herkömmliche Programme zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion und Einkommensschaffung nicht ausreichen, um die Ernährung zu verbessern, und dass potenzielle Synergien zwischen den Sektoren bisher nicht voll ausgeschöpft wurden (Lancet 2008; 2013). Im Jahr 2009 entwickelte die Welthungerhilfe gemeinsam mit einem NRO-Netzwerk in Laos den integrierten, nahrungsmittelbasierten Trainingsansatz, mit dem die stark verbreitete Unterernährung bei indigenen Bevölkerungsgruppen reduziert werden sollte. Sie leben meist in abgelegenen Regionen, sind in großem Maße auf wild wachsende Nahrungsmittel angewiesen, haben nur unzureichenden Zugang zu öffentlichen Gesundheitsdiensten und sind mit hohen Analphabetenraten konfrontiert. Der Ansatz verknüpft die Förderung verbesserter Anbaumethoden und die Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen mit Ernährungsberatung. Er wird in Programmen der Welthungerhilfe in ganz Südostasien und Südasien angewandt und kommt damit bisher 26.000 Haushalten oder fast 130.000 Menschen zugute. Mit dem LANN-Ansatz sollen langfristig Verhaltensänderungen und die verbesserte Ernährung von Familien erreicht werden. Als gemeindebasierter Trainingsansatz kann er in bereits laufende Vorhaben zur Einkommensschaffung und Ernährungssicherung integriert werden, die eine bessere Abstimmung zwischen verschiedenen Sektoren anstreben, um ihre Auswirkung auf die Ernährung zu maximieren.

Einführung guter Ernährungspraktiken

Unkultivierte Nahrung aus dem Wald: Ausgestellte Waldfruechte auf von Living Farms organisierter Food Fair. Dahinter: Von rechts nach links: Ratani Tuluwarika, 28 Sata Pusika, 30, Sumu Pidikaka, 26, Kajuri Tuluwarika, 24, Aranti Tuluwarika, 26, Frau mit Kind: Majiwani Tuluwarika, 26, Alle Stammen aus dem Dorf Solagudi. Ausblenden

Um Kenntnisse und Praktiken für eine gute Ernährung auszubauen, arbeitet dieser Ansatz mit Methoden des partizipativen Lernens. In Gruppentreffen analysieren Frauen die Situation ihrer Familien und werden für den Teufelskreis der Unterernährung sensibilisiert: Unterernährte Frauen bringen untergewichtige Kinder zur Welt, die mit großer Wahrscheinlichkeit an Wachstumsverzögerungen leiden werden und ein hohes Risiko tragen, ihrerseits Kinder mit niedrigem Geburts- Box 4.3 T raditionelle Ernährungsweisen sind gefährdet „Seitdem die Regierung Reis und andere Hybridpflanzen eingeführt hat, verschwinden unsere traditionellen und sehr nährstoffreichen Sorten, wie verschiedene Arten von Hirse, Hülsenfrüchten und ölsaaten, aus den Dörfern. Außerdem finden die jüngeren Leute es erniedrigend, im Wald nach Nahrung zu suchen und diese zu essen. Daher ist unsere Dorfgemeinschaft gezwungen, den Reis aus dem öffentlichen Verteilungssystem zu essen, der nicht genügend Vitamine und Mineralstoffe enthält. Früher, als wir noch die vielseitigen traditionellen Nahrungsmittel aßen, war es besser um unsere Gesundheit bestellt.“1 Minati Tuika 1 Subventionierter Reis wird in Indien über ein öffentliches Verteilungsprogramm (Public Distribution System) zur Verfügung gestellt und macht ungefähr 20 Prozent des Reiskonsums der Haushalte aus.

Minati Tuika, Kleinbäuerin aus dem Dorf Katalipadar, Orissa, Indien. gewicht zu bekommen. Somit wird Unterernährung von Generation zu Generation weitergegeben, wenn der Kreislauf nicht durchbrochen wird. Das Training beinhaltet außerdem die Elemente einer gesunden Ernährung während unterschiedlicher Lebensphasen, persönliche und häusliche Hygiene, Techniken zur Minimierung des Nährstoffverlusts bei der Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln sowie angemessene Fürsorgepraktiken, um die kindliche Entwicklung und die Gesundheit der Mütter zu gewährleisten. Weiterhin lernen die Familien, bewusste Entscheidungen bei Haushaltsausgaben zu treffen und bevorzugt nährstoffreiche Lebensmittel zu kaufen anstelle von Süßigkeiten, gesüßten Getränken, Snacks oder Alkohol.

Mit Theaterstücken, Rollenspielen und Kochvorführungen werden den Dorfbewohnern die Bedeutung guter Ernährung für ihr Wohlergehen und die Wertschätzung traditioneller Zubereitungsmethoden für nährstoffreiche, lokal verfügbare Nahrungsmittel nahegebracht.

Da Frauen auf vielfältige Weise diskriminiert werden, gleichzeitig aber eine entscheidende Rolle bei der Ernährungssicherung und der Fürsorge für ihre Familien spielen, stehen sie im Mittelpunkt der Maßnahmen zur Bewusstseinsschaffung und zum Empowerment. Dabei ist aber auch die Beteiligung von und Unterstützung durch die Männer von großer Wichtigkeit. Im Distrikt Rayagada in Orissa zum Beispiel, dem Projektgebiet von Living Farms, einem indischen Partner der Welthungerhilfe, haben die Männer den Fortschrittsberichten zufolge begonnen, sich auf Dorfebene vermehrt gegen die frühe Verheiratung von Mädchen einzusetzen. Außerdem übernehmen die Männer gemeinsam mit ihren im selben Haushalt lebenden Müttern Aufgaben ihrer schwangeren Frauen, damit diese sich ausruhen können.

Verfügbarkeit von und Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln

Unkultivierte Nahrung aus dem Wald: Ausgestellte Waldfruechte auf von Living Farms organisierter Food Fair. Haende gehoeren zu Sata Pusika, 30, die auch auf dem Zweierbild und dem Sechserbild zu sehen ist. Ausblenden

Box 4.3

Traditionelle Ernährungsweisen sind gefährdet

“Seitdem die Regierung Reis und andere Hybridpflanzen eingeführt hat, verschwinden unsere traditionellen und sehr nährstoffreichen Sorten, wie verschiedene Arten von Hirse, Hülsenfrüchten und ölsaaten, aus den Dörfern. Außerdem finden die jüngeren Leute es erniedrigend, im Wald nach Nahrung zu suchen und diese zu essen. Daher ist unsere Dorfgemeinschaft gezwungen, den Reis aus dem öffentlichen Verteilungssystem zu essen, der nicht genügend Vitamine und Mineralstoffe enthält. Früher, als wir noch die vielseitigen traditionellen Nahrungsmittel aßen, war es besser um unsere Gesundheit bestellt.” Minati Tuika

Minati Tuika Minati Tuika, Kleinbäuerin aus dem Dorf Katalipadar, Orissa, Indien.

Reis ist ein Hauptbestandteil der Ernährung der Menschen in Kambodscha und weiten Teilen Indiens. Vor der Ernte sind die Vorräte der Haushalte meist aufgebraucht, und die größere Nachfrage lässt die Preise ansteigen. Folglich schränken sich arme Familien als Erstes ein, indem sie weniger Geld für mikronährstoffreiche Nahrungsmittel ausgeben, die teurer sind als Grundnahrungsmittel. Auch die eingeschränkte Verfügbarkeit traditioneller Sorten und ihr im Vergleich mit „modernen Lebensmitteln“ niedrigerer Status sorgen für ein begrenztes Angebot an gesunden Nahrungsmitteln (Box 4.3).

über Haus- und Schulgärten kann die Verfügbarkeit vitaminund mineralstoffreicher Gemüse- und Obstsorten erhöht werden, so zum Beispiel von grünen Blattgemüsen, Jackfrucht, Kürbis, Mangos, Moringa, Papaya und Süßkartoffeln. Wild wachsende Nahrungsmittel aus dem Wald (wie Bambussprossen, Farne, Pilze und bestimmte Früchte) machen bis zu 40 Prozent des Nahrungsmittelangebots der indigenen Zielgruppen in den Projektregionen der Welthungerhilfe in Indien (Bezirk Rayagada in Orissa) und Kambodscha (Provinz Ratanakiri) aus. Diese Nahrungsmittel sind ausgesprochen reich an Nährstoffen wie Betakarotin, Vitamine, Kalzium, Eisen und Proteine. Um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig der Schutz und die Erhaltung dieser Nahrungsmittel sind, unterstützen die Projektmitarbeiter die Dorfbewohner dabei, die verschiedenen Sorten zu dokumentieren, und ermutigen sie, ihr Wissen über die Zubereitung weiterzugeben. Die Aufzucht von Kleintieren wie Hühnern und Fischen liefert lebenswichtige tierische Nährstoffe wie Vitamin B12 und Eisen sowie hochwertige Proteine. Zudem sollen mit der Anwendung agrarökologischer, integrierter landwirtschaftlicher Verfahren wie zum Beispiel dem Anbau von Hirsesorten in traditioneller Mischkultur mit Hülsenfrüchten, ölsaaten und Gemüse die Abhängigkeit von einzelnen Sorten reduziert, saisonale Hungerperioden verkürzt und die Ernährungsvielfalt und Einkommen der Familien durch den Verkauf von überschüssen gefördert werden.

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Box 4.4

Die Ernährungsvielfalt in Kambodscha wird gestärkt

Romas Phas lebt im Nordosten Kambodschas. Romas Phas lebt im Nordosten Kambodschas.

Die 30-jährige Romas Phas ist Mutter von vier Kindern zwischen vier und 15 Jahren. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern im Dorf Dal Veal Leng in der Provinz Ratanakiri im Nordosten Kambodschas. Diese Gegend wird hauptsächlich von indigenen Gruppen bewohnt. Die Verbreitung von Unterernährung bei Müttern und Kindern, einschließlich des Mikronährstoffmangels, liegt zum Teil über den nationalen Durchschnittswerten. Da die Kinder in Dal Veal Leng nach außen einen gesunden Eindruck machen, bemerken Eltern, Gesundheitspersonal und Entscheidungsträger in diesem Gebiet oft nicht, dass jenen lebenswichtige Vitamine und Mineralstoffe fehlen.

Romas war eine von 20 Frauen im Dorf, die mithilfe des Centre d’Etude et de Développement Agricole Cambodgien (Kambodschanisches Zentrum für landwirtschaftliche Studien und Entwicklung, CEDAC), einer der lokalen Partnerorganisationen der Welthungerhilfe, an Ernährungskursen teilnahm und dabei lernte, besser für sich und ihre Kinder zu sorgen. Als sie ihre ersten Kinder bekam, folgte sie noch den traditionellen überzeugungen, die über Generationen von Mutter zur Tochter weitergegeben wurden: „Mir wurde gesagt, dass ich Bananen, Jackfrüchte, Mangos, rotschwänzige Fische und rote und gelbe Lebensmittel im Allgemeinen nicht essen sollte“, erinnert sie sich. „Heute weiß ich, dass gerade diese Lebensmittel besonders viele Nährstoffe enthalten und mir und meinen Kindern gutgetan hätten.“

In den letzten Jahren hat Romas begonnen, in der Nähe ihres Hauses Obstbäume zu pflanzen. Sie baut heute grüne Blattgemüse sowie Tomaten, Papayas und Süßkartoffeln an. Die Hühnerhaltung hilft ihr, die Ernährung ihrer Familie um wichtige Nährstoffe zu bereichern, und bringt durch den Verkauf überschüssiger Eier oder Hühner ein zusätzliches Einkommen.

Die Veränderungen im Dorf Dal Veal Leng stimmen optimistisch. Nicht nur die Ernährung der Dorfbewohner ist abwechslungsreicher geworden, auch die Hygienebedingungen haben sich verbessert, weil die Menschen mit Unterstützung der Welthungerhilfe und des CEDAC ihren Brunnen ausbessern und neue Latrinen bauen konnten. Romas hat jedoch noch andere Sorgen: Die Vergabe von Landrechten durch die kambodschanische Regierung kommt nur langsam voran, und ein Teil des Landes, das Romas und ihre Familie seit Jahren bewirtschaften, wurde inzwischen von der Regierung einem privaten Investor überschrieben, der den Wald gerodet und dort eine weitere Kautschukplantage errichtet hat. Die Hälfte der Dorfbewohner ist von unrechtmäßigen Landerwerbspraktiken betroffen. Dadurch gingen die Vorkommen an Wild und wild wachsenden Nahrungspflanzen dramatisch zurück. Selbst angebautes Gemüse kann diesen Verlust zwar teilweise kompensieren, dennoch muss Romas mehr Lebensmittel, vor allem Fleisch, hinzukaufen. Außerdem könnten die Erträge von Romas’ Reisfeldern bald sinken, da das verbliebene Land nicht ausreicht, um die traditionellen Bracheperioden einzuhalten. Ein reduziertes Einkommen würde bedeuten, dass sie die Ernährungsvielfalt, die sie in den letzten Jahren für ihre Familie erreicht hat, nicht aufrechterhalten können würde.

Romas’ Geschichte ist nur ein Beispiel dafür, dass die Fortschritte in der Bekämpfung des verborgenen Hungers nur zu leicht zunichtegemacht werden können, wenn Land und Waldressourcen, die Lebensgrundlagen der Menschen, bedroht sind.

Welthungerhilfe’s Program Areas in Cambodia

Quelle: Welthungerhilfe, auf der Grundlage offizieller Landkarten.

Förderliche Rahmenbedingungen für Ernährung schaffen

Durch die Kombination nahrungsmittelbasierter Ansätze, der Förderung von Verhaltensänderungen und der Unterstützung eines gesunden Lebensumfelds sollen die der Unterernährung und dem verborgenen Hunger zugrunde liegenden Ursachen bekämpft werden.

Langfristig werden die Menschen jedoch nicht in der Lage sein, den Kreislauf von Armut und Unterernährung zu durchbrechen, solange ihnen Grundrechte wie der angemessene Zugang zu produktiven Ressourcen, darunter Land und Einkommen, sowie Bildung und Gesundheitsdienste verwehrt bleiben und entsprechende öffentliche Dienstleistungen unzureichend sind. In Trainings und Gruppentreffen werden die gemeindebasierten Organisationen darin bestärkt, Entscheidungsträger und kommunale Verwaltungsbehörden zur Rechenschaft zu ziehen und eine Verbesserung von Reichweite und Qualität der öffentlichen Dienstleistungen einzufordern. Die Dorfbewohner im Bezirk Rayagada überprüfen heute anhand von Bewertungskarten und Sozialaudits, die von Living Farms eingeführt wurden, die Dienstleistungen der Kommunalbehörden in den Bereichen Gesundheit und Bildung.

Außerdem werden die Mitarbeiter im Gesundheitsdienst dahin gehend geschult, dass sie die Qualität ihrer Angebote verbessern, darunter Beratung, Kontrolluntersuchungen, Nahrungsergänzung, Entwurmung und Impfungen für schwangere Frauen und Kinder. Die Frauen werden dazu ermutigt, diese Angebote regelmäßig zu nutzen.

Auswirkungen auf die Ernährung

Der Beitrag des LANN-Ansatzes zur Verringerung der Unterernährung kann zwar noch nicht umfassend belegt werden, doch sowohl die Verfügbarkeit von und der Zugang zu verschiedenen mikronährstoffreichen Nahrungsmitteln als auch die Ernährungsvielfalt konnten bereits gesteigert werden. Vorläufige Daten weisen auf einen signifikanten Rückgang von Krankheiten hin, die durch das Trinkwasser übertragen werden, seitdem es in den Dörfern des Projekts bessere Wasserquellen und Latrinen gibt und die Menschen ihre Hygienepraktiken verbessert haben. Die Zahl der Kinder, die in den ersten sechs Lebensmonaten ausschließlich gestillt werden, wächst, und auch die Zugabe von Beikost hat an Qualität und Häufigkeit zugenommen. Mehr Frauen nehmen regelmäßig Untersuchungen und Beratungen in Anspruch und erhalten ergänzend Eisen- und Folsäurepräparate. Ihr Selbstbewusstsein ist gestärkt, und sie nehmen aktiver an Entscheidungsprozessen auf Haushalts- und Dorfebene teil.

Während die Kenntnisse zu Ernährungsfragen kurz- und mittelfristig erweitert werden können, erfordert die Veränderung von Verhaltensweisen hinsichtlich einer besseren Ernährung der Familien einen langfristigen Prozess. Als integrierter Trainingsansatz verknüpft LANN Maßnahmen aus verschiedenen Sektoren und richtet sie auf die Verbesserung der Ernährungssituation und die Reduzierung von Mikronährstoffdefiziten aus.

Fazit

Foto: Christina Felschen / Welthungerhilfe. Ausblenden

Mikronährstoffmangel stellt die internationale Gemeinschaft vor komplexe Herausforderungen. Insbesondere in Ländern mit weitverbreiteter Unterernährung tritt verborgener Hunger oft im Zusammenspiel mit anderen Formen der Fehlernährung auf und kann nicht isoliert betrachtet werden. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die nachhaltige Bekämpfung des verborgenen Hungers einen umfassenden und integrierten Lösungsansatz erfordert, in dem ausgewogene Ernährung und ein gesundes Umfeld entscheidend sind und unterschiedliche Sektoren ihre Planungen und Maßnahmen besser abstimmen.

Die in diesem Kapitel vorgestellten Programme umreißen die Konzepte, die Concern Worldwide und Welthungerhilfe verfolgen, und demonstrieren, dass als Reaktion auf verborgenen Hunger nachhaltige, langfristige Bemühungen nötig sind sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, effektive Ansätze in großem Maßstab umzusetzen. Der Ernährungsstatus von Einzelpersonen und Gemeinschaften kann verbessert werden, wenn die sich ergänzenden Erfahrungen verschiedener Ministerien und Sektoren genutzt und den betroffenen Gemeinschaften gezielte Bildungs- und Unterstützungsprogramme zugänglich gemacht werden. Auch wenn noch weitere wissenschaftliche Nachweise darüber nötig sind, wie die Landwirtschaft zur Verbesserung der Ernährungssituationen beitragen kann und welche Maßnahmen oder Maßnahmen-Kombinationen aus welchen Gründen am effektivsten wirken, kann schon jetzt viel getan werden, um den verborgenen Hunger zu vermindern.

In Kapitel 05 werden Politikempfehlungen präsentiert, die spezifische Bereiche und Dimensionen skizzieren, in denen Handlungsbedarf besteht. In den letzten Jahren waren enormer politischer Wille und großes Engagement zum Thema Unterernährung zu beobachten, doch müssen Regierungen, Entscheidungsträger und sämtliche beteiligten Akteure nun unbedingt dafür sorgen, dass diese Verpflichtungen auch erfüllt werden.

Fußnoten

  1. Subventionierter Reis wird in Indien über ein öffentliches Verteilungsprogramm (Public Distribution System) zur Verfügung gestellt und macht ungefähr 20 Prozent des Reiskonsums der Haushalte aus.