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Methodik

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Foto: Stefanie Glinski /Welthungerhilfe, Türkiye, 2023; Die Jugend ist eine bedeutende, aber oft übersehene Bevölkerungsgruppe, die unverhältnismäßig stark unter Krisen und Ernährungsunsicherheit leidet. Nach dem Erdbeben vom Februar 2023 in der Türkei bereitet eine Frau frische Mahlzeiten für Vertriebene zu. Tausende von Menschen leben in Notunterkünften, ohne die Möglichkeit, selbst zu kochen, und ohne Zugang zu Bildung. Ausblenden
Anmerkung: Die Ergebnisse in diesem Welthunger-Index 2023 ersetzen alle bisherigen WHI-Ergebnisse. Die in diesem WHI enthaltenen Werte und Indikatordaten für 2000, 2008 und 2015 sind derzeit die einzigen Daten, die für valide Vergleiche des WHI im Zeitverlauf verwendet werden können.

Der Welthunger-Index (WHI) ist ein Instrument, mit dem jährlich die Hungersituation auf globaler, regionaler und nationaler Ebene umfassend gemessen und verfolgt wird. Der WHI soll zu einer stärkeren Wahrnehmung und einem besseren Verständnis der Hungersituation in der Welt führen. Er bietet eine Möglichkeit, das Ausmaß des Hungers zwischen Ländern und Regionen zu vergleichen, und soll die Aufmerksamkeit auf die Weltregionen lenken, in denen die Hungerwerte am höchsten und in denen zusätzliche Anstrengungen am nötigsten sind, um den Hunger zu beenden.

Wie die WHI-Werte berechnet werden

Der WHI-Wert eines jeden Landes wird auf der Grundlage einer Formel berechnet, die vier Indikatoren kombiniert, um unterschiedliche Dimensionen des Hungers zu erfassen:

Unterernährung

Unterernährung: der Anteil der Bevölkerung, dessen Kalorienbedarf nicht gedeckt ist;

Wachstumsverzögerung bei Kindern

Wachstumsverzögerung bei Kindern: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren mit einer zu geringen Größe in Bezug auf das jeweilige Alter, ein Beleg für chronische Unterernährung;

Auszehrung bei Kindern

Auszehrung bei Kindern: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren mit einem zu niedrigen Gewicht in Bezug auf die jeweilige Größe, ein Beleg für akute Unterernährung; und

Child Mortality

Kindersterblichkeit: der Anteil der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben, was zum Teil das fatale Zusammenwirken von mangelnder Nährstoffversorgung und einem ungesunden Umfeld widerspiegelt.

Die Nutzung dieser Kombination von Indikatoren zur Messung des Hungers bietet mehrere Vorteile (siehe Tabelle A.1). Die in der WHIFormel enthaltenen Indikatoren berücksichtigen sowohl Kalorienmangel als auch unzureichende Nährstoffversorgung. Der Indikator für Unterernährung erfasst den Zugang der Gesamtbevölkerung zu Nahrungsmitteln, während die speziellen Indikatoren für Kinder den Ernährungszustand einer besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe widerspiegeln, für die ein Mangel an Nahrungsenergie, Proteinen und/ oder Mikronährstoffen (lebenswichtige Vitamine und Mineralstoffe) das Risiko einer Erkrankung, einer unzureichenden physischen und kognitiven Entwicklung oder eines frühen Todes enorm erhöht. Durch die Berücksichtigung von Auszehrung und Wachstumsverzögerung bei Kindern bildet der WHI sowohl akute als auch chronische Unterernährung ab.

Die Kombination mehrerer Indikatoren in einem Index ermöglicht es zudem, die Auswirkungen zufallsbedingter Messfehler gering zu halten. Alle vier Indikatoren werden zur Messung der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) verwendet.

BOX A.1

WAS VERSTEHT MAN UNTER „HUNGER“?

Das Problem des Hungers ist komplex, und es werden unterschiedliche Begriffe verwendet, um seine verschiedenen Formen zu beschreiben.

Im Allgemeinen bezeichnet Hunger das Leid, das durch einen Mangel an Kalorien entsteht. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) definiert Unterernährung (engl. „undernourishment“) als die Aufnahme von zu wenig Kalorien, um das Minimum an Nahrungsenergie zu liefern, das jeder Mensch abhängig von Geschlecht, Alter, Statur und körperlicher Aktivität für ein gesundes und produktives Leben benötigt.

Unterernährung (im Sinne von Mangelernährung, engl. „undernutrition“) geht über die Kalorienaufnahme hinaus und bezeichnet einen Mangel an Energie, Proteinen und/oder lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen. Unterernährung ist das Ergebnis einer unzureichenden Nahrungsaufnahme – entweder hinsichtlich der Menge oder der Qualität – oder einer mangelhaften Nährstoffverwertung im Körper aufgrund von Infektionen oder anderen Krankheiten beziehungsweise einer Kombination dieser unmittelbaren Ursachen. Diese gehen ihrerseits auf verschiedene zugrunde liegende Auslöser zurück, darunter Ernährungsunsicherheit auf Haushaltsebene, mangelnde Gesundheitsversorgung von Müttern und inadäquate Kinderfürsorgepraktiken sowie ein eingeschränkter Zugang zu Gesundheits-, Wasser- und Sanitärversorgung.

Der weiter gefasste Begriff Fehlernährung (engl. „malnutrition“) bezieht sich sowohl auf Unterernährung (Probleme des Mangels) als auch auf die zunehmend verbreitete Überernährung (Probleme einer unausgewogenen Ernährung, etwa durch die Aufnahme zu vieler Kalorien, mit einer ausreichenden oder zu geringen Aufnahme mikronährstoffreicher Nahrungsmittel). Überernährung – die zu Übergewicht, Adipositas und nicht übertragbaren Krankheiten führt – ist weltweit immer häufiger anzutreffen und hat Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, staatliche Ausgaben und die Entwicklung von Ernährungssystemen. Während Überernährung ein ernst zu nehmendes Problem darstellt, konzentriert sich der WHI auf Probleme, die durch Unterernährung entstehen.

Im WHI bezieht sich der Begriff „Hunger“ auf den Index, der auf den vier Indikatoren (Unterernährung, Wachstumsverzögerung bei Kindern, Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit) basiert, die Kaloriendefizite sowie Mängel an Mikronährstoffen erfassen.

TABELLE A.1

WIE DIE VIER INDIKATOREN, DIE DEM WHI ZUGRUNDE LIEGEN, UNTERSCHIEDLICHE DIMENSIONEN DES HUNGERS ERFASSEN

Unterernährung
Unterernährung
Wachstumsverzögerung bei Kindern
Wachstumsverzögerung bei Kindern
Auszehrung bei Kindern
Auszehrung bei Kindern
Kindersterblichkeit
Kindersterblichkeit
  • Misst unzureichende Nahrungsmittelversorgung, einen wichtigen Hungerindikator

  • Bezieht sich auf die Gesamtbevölkerung, Kinder und Erwachsene

  • Ein Hauptindikator für die Erreichung internationaler Ziele bei der Hungereindämmung, einschließlich der für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG 2: Zero Hunger)

  • Gehen über die reine Verfügbarkeit von Kalorien hinaus und berücksichtigen die Qualität und Verwertung der Nahrung

  • Spiegeln die besondere Gefährdung von Kindern durch Ernährungsdefizite wider

  • Berücksichtigen die ungleiche Verteilung von Nahrungsmitteln innerhalb eines Haushalts

  • Werden als Ernährungsindikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG 2: Zero Hunger) verwendet

  • Spiegelt wider, dass der Tod die gravierendste Folge von Hunger ist und dass Kinder am häufigsten betroffen sind

  • Durch die Berücksichtigung dieses Indikators kann der WHI Mikronährstoffmängel besser abbilden

  • Ergänzt Wachtumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern, die das Sterberisiko durch Unterernährung nur zum Teil erfassen

Die WHI-Werte werden in einem dreistufigen Prozess berechnet:

  1. Schritt: Die Werte für die vier Indikatoren werden für jedes Land auf der Grundlage der neuesten veröffentlichten Daten aus international anerkannten Quellen ermittelt.
  2. Schritt: Jedem Indikator wird ein standardisierter Wert auf der Basis eines Schwellenwerts zugeordnet, der leicht über den höchsten Länderwerten liegt, die seit 1988 weltweit für diesen Indikator gemessen wurden. Zum Beispiel betrug der am höchsten geschätzte Wert für Unterernährung in diesem Zeitraum 76,5 Prozent, sodass der Schwellenwert für die Standardisierung etwas höher, bei 80 Prozent, festgesetzt ist. Wenn also in einem bestimmten Jahr die Verbreitung von Unterernährung in einem Land bei 40 Prozent liegt, wird der standardisierte Wert zur Unterernährung bei 50 Prozent angesetzt. Das bedeutet, dass das Land ungefähr in der Mitte zwischen überhaupt keiner Unterernährung und dem Erreichen der maximal gemessenen Werte liegt. Nachstehend sind die Formeln aufgeführt, die zur Standardisierung der einzelnen Indikatorwerte verwendet werden:
    Unterernährungsrate80
    x100 =
    standardisierter Wert für Unterernährung
    Wachstumsverzögerungsrate bei Kindern70
    x100 =
    standardisierter Wert für Wachstumsverzögerung bei Kindern
    Auszehrungsrate bei Kindern30
    x100 =
    standardisierter Wert für Auszehrung bei Kindern
    Kindersterblichkeitsrate35
    x100 =
    standardisierter Wert für Kindersterblichkeit
  3. Schritt: Die standardisierten Werte werden aggregiert, um den WHI-Wert für jedes Land zu errechnen. Die Werte zu Unterernährung und Kindersterblichkeit machen jeweils ein Drittel des WHI-Werts aus, während die Werte zur Unterernährung bei Kindern – Auszehrung und Wachstumsverzögerung – jeweils ein Sechstel beitragen (Abbildung A.1).

Diese Berechnung ergibt WHI-Werte, die sich auf einer 100-Punkte-Skala einordnen lassen, auf der 0 (kein Hunger) der beste und 100 der schlechteste Wert ist, wobei keiner der Extremwerte in der Praxis je erreicht wird. Ein Wert von 100 würde bedeuten, dass in einem Land die Werte zu Unterernährung, Auszehrung und Wachstumsverzögerung bei Kindern sowie die Sterblichkeitsrate genau den Schwellenwerten entsprächen, die leicht über den in vergangenen Jahrzehnten beobachteten Maximalwerten angesetzt sind. Ein Wert von null würde bedeuten, dass in einem Land keine unterernährten Menschen leben, kein Kind unter fünf Jahren unter Auszehrung oder Wachstumsverzögerung leiden und kein Kind vor seinem fünften Geburtstag sterben würde.

ABBILDUNG A.1

ZUSAMMENSETZUNG DER WHI-WERTE UND DES HUNGERSCHWEREGRADES

Unterernährung

1/3

Unterernährung

+

Wachstumsverzögerung bei Kindern

1/6

Wachstumsverzögerung bei Kindern

+

Auszehrung bei Kindern

1/6

Auszehrung bei Kindern

+

Kindersterblichkeit

1/3

Kindersterblichkeit

=

WHI-WERT

WHI-WERT

Anmerkung: Alle Indikatorenwerte sind standardisiert.
WHI-Schweregradskala
≤ 9,9
Niedrig
10,0–19,9
Mäßig
20,0–34,9
Ernst
35,0–49,9
Sehr ernst
≥ 50,0
Gravierend
100-Punkte-Skala

Woher die Daten der Indikatoren stammen

Die Daten für die Berechnung der WHI-Werte stammen von verschiedenen UN- und anderen multilateralen Organisationen, wie in Tabelle A.2 dargestellt. Die WHI-Werte spiegeln die neuesten revidierten Daten wider, die für die vier Indikatoren zur Verfügung stehen. Sofern keine Originaldaten verfügbar waren, wurden die aktuellsten verfügbaren Daten verwendet, um Schätzungen zu den WHI-Indikatoren vorzunehmen.

Wie Einstufungen gemäß der WHI-Schweregradskala für Länder mit unvollständigen Daten bestimmt werden

Im diesjährigen WHI-Bericht erfüllten 136 Länder die Kriterien für die Aufnahme in den WHI, jedoch verfügten 11 Länder über unzureichende Daten für die Berechnung eines WHI-Werts 2023. Um diese Lücke zu schließen und die Hungersituation in den Ländern mit fehlenden Daten zumindest annähernd abbilden zu können, wurden vorläufige Einstufungen des Schweregrades des Hungers vorgenommen (siehe Tabelle A.3). Diese basieren auf mehreren bekannten Faktoren:

In manchen Ländern fehlen Daten aufgrund gewaltsamer Konflikte oder politischer Unruhen (FAO et al. 2017; Martin-Shields and Stojetz 2019), die als starke Prädikatoren für Hunger und Unterernährung gelten. Die Länder, für die keine Daten vorliegen, sind daher womöglich diejenigen, die am meisten von Hunger betroffen sind. Bei den drei Ländern, deren Hungerniveau vorläufig als sehr ernst klassifiziert wurde – Burundi, Somalia und Südsudan –, ist es möglich, dass mit vollständigen Daten eines oder mehrere von ihnen in die Kategorie gravierend fallen würden. Da zur Bestätigung dieser Annahme jedoch keine ausreichenden Daten vorlagen, wird die Hungersituation dieser Länder konservativ als sehr ernst eingestuft.

In einigen Fällen konnte auch keine vorläufige Einstufung vorgenommen werden, beispielsweise wenn für das Land seit der Veröffentlichung des ersten WHI-Berichts im Jahr 2006 noch nie ein Wert zur Verbreitung von Unterernährung vorlag, kein WHI-Wert berechnet oder keine Einstufung auf der WHI-Schweregradskala vorgenommen wurde. Im Fall Libyen wurde entschieden, dass sich die Situation im Land seit seiner letzten Abbildung in einem WHI-Bericht im Jahr 2014 so stark verändert hat, dass die Referenzwerte nicht für eine vorläufige Einstufung ausreichen. Für Somalia und Südsudan standen für zwei von vier WHI-Indikatoren keine Daten zur Verfügung.

Die Auswertung der relevanten Informationen in den letzten drei Ausgaben des Global Report on Food Crises sowie Konsultationen mit Expert*innen zur Ernährungssituation in diesen zwei Ländern machten deutlich, dass die Einstufung als sehr ernst angemessen ist.

TABELLE A.2

DATENQUELLEN UND REFERENZJAHRE FÜR DIE KOMPONENTEN DES WELTHUNGER-INDEX 2000, 2008, 2015 UND 2023

Indikatoren Datenquellen Referenzjahr für Indikatordaten
2000
WHI-Werte
(122 Länder)
2008
WHI-Werte
(125 Länder)
2015
WHI-Werte
(125 Länder)
2023
WHI-Werte
(125 Länder)
Unterernährung FAO 2023 2000–2002a 2007–2009a 2014–2016a 2020–2022a
Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern WHO 2023; UNICEF et al. 2023a; UNICEF 2023a, 2013, und 2009; MEASURE DHS 2023 1998–2002b 2006–2010c 2013–2017d 2018–2022e
Kindersterblichkeit UN IGME 2023a 2000 2008 2015 2021
Anmerkung: In Klammern ist die Anzahl der Länder angegeben, für die ausreichend Daten zur Berechnung der WHI-Werte für jedes Jahr oder jede Zeitspanne zur Verfügung standen.
a Dreijahresdurchschnitt.
b Datenerhebung aus den Jahren, die 2000 am nächsten liegen; wenn Daten aus den Jahren 1998 und 2002 oder 1999 und 2001 verfügbar waren, wurde ein Mittelwert gebildet.
c Datenerhebung aus den Jahren, die 2008 am nächsten liegen; wenn Daten aus den Jahren 2006 und 2010 oder 2007 und 2009 verfügbar waren, wurde ein Mittelwert gebildet.
d Datenerhebung aus den Jahren, die 2015 am nächsten liegen; wenn Daten aus den Jahren 2013 und 2017 oder 2014 und 2016 verfügbar waren, wurde ein Mittelwert gebildet.
e Die aktuellsten Daten, die in diesem Zeitraum erhoben wurden.

Den Welthunger-Index verstehen und nutzen: FAQ

Foto: Ed Ram/Concern Worldwide, 2022; Nuurto stellt sich in ihrem Laden am Rande von Baidoa, Somalia, den Herausforderungen der Dürre, der Nahrungsmittelkrise und der unerbittlichen Klimakrise. Ausblenden
Welche Länder werden im WHI berücksichtigt?

Die Aufnahme in den WHI erfolgt auf Basis von Daten zu Unterernährung und Kindersterblichkeit, die bis zum Jahr 2000 zurückreichen. Länder, deren Werte für einen oder beide Indikatoren seit 2000 über dem Schwellenwert „sehr gering“ lagen, werden in den WHI aufgenommen. Konkret werden Länder berücksichtigt, in denen die Unterernährungsrate mindestens 5,0 Prozent und/oder die Kindersterblichkeitsrate in einem beliebigen Jahr seit 2000 mindestens 1,0 Prozent betrug. Daten zu Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern, den weiteren Indikatoren, die zur Berechnung der WHI-Werte herangezogen werden, gehören nicht zu den Aufnahmekriterien, da ihre Verfügbarkeit von Land zu Land sehr unterschiedlich ist. Vor allem in Ländern mit hohem Einkommensniveau sind die Daten dazu begrenzt. Darüber hinaus werden für unabhängige Gebiete sowie für Länder mit geringer Bevölkerungszahl (unter 500.000) keine WHI-Werte berechnet, da die Datenverfügbarkeit begrenzt ist. Für einige Länder konnte der WHIWert nicht berechnet werden, da nicht zu allen vier WHI-Indikatoren Daten vorliegen. Länder mit unvollständigen Daten werden jedoch, soweit möglich, auf Grundlage der verfügbaren Daten und ergänzender Berichte vorläufig gemäß der WHI-Schweregradskala eingestuft (siehe Tabelle A.3). In einigen dieser Länder gibt es Unruhen oder bewaffnete Konflikte, welche die Verfügbarkeit von Daten sowie die Ernährungssituation im Land beeinträchtigen. Es ist durchaus möglich, dass eines oder mehrere dieser Länder einen höheren WHI-Wert als die Zentralafrikanische Republik – das Land mit dem höchsten WHI-Wert 2023 – hätten, wenn ausreichend Daten verfügbar wären.

Warum ist der WHI-Wert mancher Länder so hoch (oder so niedrig)?

Der Schlüssel zum Verständnis der WHI-Werte eines Landes liegt in dessen Indikatorwerten, insbesondere im Vergleich zu denen anderer Länder im Bericht (siehe Anhang B für die Werte). Bei einigen Ländern werden hohe WHI-Werte durch hohe Unterernährungswerte verursacht, die einen Mangel an Kalorien für große Teile der Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Bei anderen resultieren sie aus einem hohen Maß an Auszehrung bei Kindern infolge akuter Unterernährung, aus Wachstumsverzögerung bei Kindern aufgrund chronischer Unterernährung und/oder aus hoher Kindersterblichkeit, die auf das schlechte Hunger- und Ernährungsniveau der Kinder sowie auf andere gravierende Umstände zurückzuführen ist, denen die Bevölkerung ausgesetzt ist. Grundsätzlich kann ein hoher WHI-Wert ein Hinweis auf einen Mangel an Nahrung, eine schlechte Ernährung, unzureichende Kinderfürsorgepraktiken, ein ungesundes Umfeld oder für eine Kombination all dieser Faktoren sein. Obwohl es über den Rahmen dieses Berichts hinausgeht, die Umstände, mit denen jedes Land mit einem WHI-Wert konfrontiert ist, ausführlich zu erläutern, wird in Aktuelle Trends die Situation in ausgewählten Ländern beschrieben. Darüber hinaus bietet dieser Bericht weitere Möglichkeiten, die Hunger- und Unterernährungssituation eines Landes zu untersuchen: Eine Rangliste der Länder auf der Grundlage der WHI-Werte für 2023 ist in Tabelle 1.1 zu finden; WHI-Werte für ausgewählte Jahre für jedes Land sind in Anhang C aufgeführt; regionale Vergleiche sind in Anhang D enthalten (Fallstudien zur Hungersituation in bestimmten Ländern finden Sie auf der WHI-Website.

Spiegelt der WHI 2023 tatsächlich die Situation im Jahr 2023 wider?

Für den WHI werden die aktuellsten verfügbaren Daten zu jedem Indikator verwendet; das heißt, dass die Werte nur so aktuell sind wie die Daten. Für die Berechnung der WHI-Werte für 2023 wurden Daten zur Unterernährung aus den Jahren 2020–2022 herangezogen; die Daten zur Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern stammen aus den Jahren 2018–2022, wobei für jedes Land jeweils die aktuellsten Daten verwendet wurden; die Daten zur Kindersterblichkeit bilden das Jahr 2020 ab. Die Daten und Werte des diesjährigen Berichts spiegeln jegliche Entwicklungen im Jahr 2023 noch nicht wider.

Wie lassen sich WHI-Ergebnisse über einen längeren Zeitraum vergleichen?

Jeder Bericht enthält nicht nur die WHI-Werte und Indikatordaten für das Berichtsjahr, sondern auch für drei Referenzjahre. In diesem Bericht können die WHI-Werte für 2023 direkt mit jenen der drei Referenzjahre 2000, 2008 und 2015 (Anhang C) verglichen werden. Die Referenzjahre werden so gewählt, dass sie eine Bewertung der Fortschritte im Laufe der Zeit erlauben und gleichzeitig sicherstellen, dass es keine Überschneidungen in den Jahren gibt, aus denen die Daten stammen.

Lassen sich die WHI- und Indikatorwerte dieses Berichts mit den Werten früherer Berichte vergleichen?

Nein – WHI-Werte lassen sich nur innerhalb desselben Jahresberichts vergleichen, nicht zwischen verschiedenen Jahresberichten. Die aktuellen und historischen Daten, auf denen die WHI-Werte basieren, werden von den Organisationen der Vereinten Nationen, die sie erstellen, kontinuierlich überarbeitet und verfeinert, was sich in den jährlichen WHI-Berichten zeigt. Während ein Vergleich der Ergebnisse zwischen den Berichten gegebenenfalls scheinbare Veränderungen aufzeigt, können diese teilweise oder vollständig auf eine Datenrevision zurückzuführen sein.

Außerdem wurde die Methodik zur Berechnung der WHI-Werte in der Vergangenheit überarbeitet und könnte auch in Zukunft angepasst werden. Im Jahr 2015 wurden beispielsweise die Daten zu Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern hinzugefügt und die Werte standardisiert (siehe Wiesmann et al. 2015). Diese Änderung führte zu einer erheblichen Verschiebung der WHIWerte, was sich auch in einer veränderten WHI-Schweregradskala widerspiegelt. In den seit 2015 veröffentlichten WHI-Berichten weisen fast alle Länder deutlich höhere WHI-Werte auf als in den 2014 und früher veröffentlichten Berichten. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass ihr Hungerniveau im Jahr 2015 gestiegen ist – die höheren Werte spiegeln vielmehr die Überarbeitung der Methodik wider. Die im diesjährigen Bericht angegebenen WHI-Werte für 2000, 2008, 2015 und 2023 sind alle vergleichbar, da sie alle die überarbeitete Methodik und die neuesten Datenrevisionen widerspiegeln.

Lassen sich die WHI-Rankings in diesem Bericht mit denen in früheren Berichten vergleichen, um zu verstehen, wie sich die Situation in einem Land im Zeitverlauf im Vergleich zu anderen Ländern verändert hat?

Nein – weder die WHI- und Indikatorwerte noch die Ranglisten der verschiedenen Jahresberichte sind miteinander vergleichbar, was vor allem zwei Gründe hat. Erstens wurden die Daten und die Methodik zur Berechnung der WHI-Werte, wie oben beschrieben, im Laufe der Zeit überarbeitet. Zweitens umfasst die Rangliste in jedem Jahresbericht oft unterschiedliche Länder, da die Anzahl der Länder, für die ausreichende Daten zur Berechnung der WHI-Werte zur Verfügung stehen, von Jahr zu Jahr variiert. Ändert sich der Rang eines Landes von einem Bericht zum nächsten, kann dies zum Teil daran liegen, dass es mit einer anderen Gruppe von Ländern verglichen wird.

 

Fußnoten

  1. Für Hintergrundinformationen zum WHI-Konzept siehe Wiesmann, von Braun, and Feldbrugge (2000), Wiesmann (2006) und Wiesmann et al. (2015).  
  2. Laut Black et al. (2013) ist Unterernährung für 45 Prozent der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren verantwortlich.  
  3. Der durchschnittliche Mindestbedarf an Nahrungsenergie variiert von Land zu Land – von etwa 1.660 bis über 2.040 Kilokalorien (häufig, wenn auch fälschlicherweise, als Kalorien bezeichnet) pro Person und Tag für alle Länder mit verfügbaren Daten für das Jahr 2022 (FAO 2023).  
  4. Die Schwellenwerte für die Standardisierung werden leicht über den höchsten gemessenen Werten angesetzt, um einen möglichen zukünftigen Anstieg dieser Werte zu berücksichtigen.  
  5. Der Schwellenwert für Unterernährung beträgt 80 und beruht auf dem bisherigen Maximalwert von 76,5 Prozent. Der Schwellenwert für Auszehrung bei Kindern liegt bei 30, auf Basis des bisherigen Maximalwerts von 26,0 Prozent; der Schwellenwert für Wachstumsverzögerung bei Kindern liegt bei einem bisherigen Maximalwert von 68,2 Prozent bei 70; und der Schwellenwert für Kindersterblichkeit wurde auf Grundlage des bisher gemessenen Maximalwerts von 32,6 Prozent auf 35 festgesetzt. Die Schwellenwerte beruhen auf den Maximalwerten, die im Zeitraum 1988–2013 – also basierend auf Daten aus den 25 Jahren vor der Überarbeitung der Methodik – gemessen wurden.  
  6. Für frühere WHI-Berechnungen siehe von Grebmer et al. (2022, 2021, 2020, 2019, 2018, 2017, 2016, 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008); IFPRI, WHH, and Concern Worldwide (2007); und Wiesmann, Weingärtner, and Schöninger (2006).  
  7. Zuvor veröffentlichte Unterernährungswerte, WHI-Werte und Schweregradklassifikationen werden nach der Veröffentlichung neuerer Berichte zwar nicht als aktuell gültig erachtet, allerdings als Richtwert verwendet, um die Plausibilität zu überprüfen, mit der ein Land in einen bestimmten, großen Wertebereich von Unterernährungs- und WHI-Werten fällt.  
  8. Der Global Report on Food Crises erfasst akute Ernährungsunsicherheit, die sich von chronischem Hunger unterscheidet, der basierend auf der Verbreitung von Unterernährung gemessen wird. Die Berichte für 2021, 2022 und 2023 wurden verwendet, um zu prüfen, ob in einem Land extreme Hungerlagen herrschten, wie etwa eine tatsächliche oder drohende Hungersnot und/oder wiederkehrende Hungerkrisen in den Jahren 2020, 2021 und 2022.  
  9. Obwohl Ernährungsunsicherheit für Teile der Bevölkerung in bestimmten Ländern mit hohem Einkommensniveau ein ernsthaftes Problem darstellt, werden in den meisten Ländern keine regelmäßigen landesweit repräsentativen Daten zur Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern erhoben. Daten zur Kindersterblichkeit stehen zwar üblicherweise zur Verfügung, bilden jedoch nicht im gleichen Maße die Unterernährung ab wie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.